Anja Link Qualifikationskurs Stroke Nurse 2019 Freiburg

Vortrag Anja Link – Möglichkeiten der Kommunikation mit aphasischen Patienten

Warum wir für Sie den folgenden Beitrag veröffentlichen? Wie auch die Arbeit von Kevin Spitznagel veröffentlichen wir an dieser Stelle die Präsentation von Anja Link, Krankenschwester am Kreiskrankenhaus Emmendingen. Für ihre Zusatzqualifikation als Stroke Nurse hat sie das Thema "Möglichkeiten der 
Kommunikation mit aphasischen Patienten" gewählt und anlässlich des 
Abschlusskolloquiums Qualifikationskurs Stroke Unit im Universitätsklinikum
Freiburg am 12. April 2019 erfolgreich verteidigt. 

Qualifikationskurs Stroke-Unit an der Universitätsklinik Freiburg 2018/2019

Möglichkeiten der Kommunikation mit aphasischen Patienten

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Was ist Aphasie
  3. Ursachen der Aphasie
  4. Die unterschiedlichen Formen von Aphasie 4.1 Globale Aphasie 4.2 Broca-Aphasie – Motorische Phasie 4.3 Wernicke-Aphasie – Sensorische Aphasie 4.4 Amnestische Aphasie
  5. Kommunikationsmöglichleiten mit Aphasikern 5.1 Nonverbale Kommunikationsbuch 5.2 Regeln für die Kommunikation mit Betroffenen
  6. Zusammenarbeit mit Angehörigen
  7. Informationsblatt für Angehörige
  8. Fazit
  9. Quellenverzeichnis 9.1 Internet 9.2 Literarische Quellen 9.3 Abbildungsverzeichnis
  10. Eidesstattliche Erklärung

Einleitung

Jährlich erkranken in Deutschland etwa 270.000 Menschen an einem Schlaganfall und hiervon leiden circa 35% anfangs unter einer Aphasie, also einer Sprachstörung.

In meinem Alltag als Krankenschwester auf einer lokalen Schlaganfalleinheit mit vier Betten habe ich häufig mit diesen Patienten zu tun. Der Umgang mit ihnen ist nicht immer einfach, häufig kommt es zu Kommunikationsproblemen. Die Angehörigen sind meist sehr besorgt und wenden sich mit ihren Sorgen und Fragen an die Pflegekräfte. Deshalb möchte ich mich in dieser Arbeit mit dem Thema der Aphasie intensiver beschäftigen und auch auf die Situation der Betroffenen, die plötzlich ihre Sprache verloren haben, näher eingehen.

Im Hauptteil werde ich zunächst erklären, was eine Aphasie ist. Anschließend zeige ich ihre Ursachen auf und beschreibe die verschiedenen Formen der Aphasie.

Danach erläutere ich Möglichkeiten der Kommunikation mit Betroffenen und welche Regeln hierbei beachtet werden sollten. Es folgen Anregungen zum Umgang mit Angehörigen. Hierfür habe ich ein Informationsblatt für Angehörige entworfen, welches ich in dieser Arbeit vorstelle.

Für meine Arbeit habe ich sowohl literarische als auch Internetquellen verwendet.

Was ist Aphasie?

Aphasie ist eine erworbene Sprachstörung, die durch eine Läsion der sprachrelevanten Regionen im Gehirn entsteht. Hierbei können alle Bereiche der Sprache betroffen sein wie z.B. das Lesen (Alexie), das Schreiben (Agraphie), das Sprachverständnis und das Sprechen selbst (Sprechapraxie) (vgl. Tesak J. 2014, S. 7).

Die Beeinträchtigungen der sprachlichen Bereiche betreffen zum einen die Phonologie, dies bedeutet die Zusammensetzung von Lauten. Hierbei werden Laute von den Betroffenen hinzugefügt oder weggelassen, sodass das Wort oft nicht mehr in seiner ursprünglichen Form erkannt werden kann, z.B. Bosen statt Besen.

Des Weiteren kann die Semantik, also die Bedeutung von Wörtern betroffen sein. Dabei werden Wörter verwechselt oder falsch kombiniert, sodass auch neue Wörter, sogenannte Neologismen, entstehen wie z.B. Steinzeugdreher statt Schraubenzieher. Ebenso kann die Syntax, also der Satzbau, gestört sein. Hierbei werden Teile von Sätzen weggelassen oder auch Sätze abgebrochen. Die Pragmatik, das heißt der funktionelle Einsatz von Sprache, kann durch unstillbaren Rededrang oder den Verlust des roten Fadens beim Sprechen beeinträchtigt sein. Störungen der unterschiedlichen sprachlichen Bereiche können in verschieden starker Ausprägung und in gemischten Kombinationen auftreten. Oftmals findet sich bei Aphasikern auch eine Akalkulie, also Probleme im Umgang mit Zahlen. Wichtig zu wissen ist, dass die Intelligenz von Aphasikern meist nicht beeinträchtigt ist (vgl. Wehmeyer M./Grötzbach H. 2012, S. 7f).

Meist leidet der Patient mit einer Aphasie auch noch unter anderen Symptomen eines Schlaganfalls. Möglicherweise hat er eine Hemiparese, bei Rechtshändern ist diese häufig rechtsseitig. Ebenso kann es zu Sehstörungen, beispielsweise einer Hemianopsie, kommen. In diesem Fall ist der Betroffene halbseitig blind. Sein Antrieb kann gemindert sein, ebenso seine Konzentrationsfähigkeit. Meist sind die Patienten auch reizbar und leiden unter Gefühlsschwankungen, da sie sich häufig ihrer Defizite bewusst sind. Des Weiteren kann es zu räumlichen Orientierungsstörungen kommen

oder auch zu fehlender Krankheitseinsicht, dies nennt man Anosognosie. All diese Symptome können einzeln oder in verschiedenen Kombinationen und in unterschiedlich starker Ausprägung auftreten (vgl. Tesak, J.2014, S.47ff).

In der Akutphase sind die Symptome der Aphasie wechselnd und zeigen meist kein stabiles Muster. Von der postakuten Phase spricht man nach vier bis sechs Wochen, dann lassen sich die sprachlichen Symptome deutlich erkennen und die logopädische Therapie kann noch genauer auf die Bedürfnisse des einzelnen Patienten abgestimmt werden. Jede Aphasie ist individuell und die Betroffenen haben ihre eigenen Stärken und Defizite. In den ersten sechs Monaten nach dem Auftreten der Aphasie kommt es häufig zu einer deutlichen Verbesserung der Symptome, dies wird auch Spontanremission genannt. Teilweise verschwinden die Symptome auch ganz. Bei Vielen bleibt aber ein Teil der Defizite bestehen und geht nach etwa zwölf Monaten in das chronische Stadium über. Allerdings kann es auch dann noch mithilfe logopädischer Therapie zu Verbesserungen kommen (vgl. Tesak, J. 2014, S. 43f).

Ursachen der Aphasie

Mit 80% ist der Schlaganfall die häufigste Ursache der Aphasie. Dieser entsteht, wenn es zu einer plötzlichen Durchblutungsstörung im Gehirn kommt und dadurch zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff. Hierbei wird Hirngewebe zerstört. Man unterscheidet den ischämischen Schlaganfall, der für 80% der Fälle ursächlich ist und die Hirnblutung, welche bei 15-20% den Schlaganfall auslösen. Seltener sind die Subarachnoidalblutung oder die Sinusvenenthrombose. Beim ischämischen Schlaganfall kommt es meist zum Verschluss einer hirnversorgenden Arterie. Die Ursache hierfür ist häufig kardioembolisch bedingt, z.B. durch Vorhofflimmern. Wenn hierbei die großen Hirnarterien, z.B. die A. cerebri media, A. cerebri anterior, A. cerebri posterior oder die Kleinhirnarterien), betroffen sind, kommt es zu einem territorialen Schlaganfall. Durch Veränderungen an kleinen Arterien, z.B. aufgrund von Arteriosklerose, kann bei einem Verschluss jener Gefäße ein lakunärer Schlaganfall entstehen. Je nach Lage dieser Lakunen verursacht dieser durchaus auch größere Ausfälle. Besteht eine Stenose einer großen Halsschlagader, z.B. der A. Carotis Interna, kann es bei zu niedrigem Blutdruck zu einer Minderdurchblutung kommen, welche dann zu einem hämodynamisch bedingten Grenzzoneninfarkt führt, also einer Störung im Grenzbezirk zwischen zwei Gefäßterritorien. Der Blutdruck reicht dann nicht mehr aus, um die weiter entfernt liegenden kleineren Arterien zu versorgen (vgl. Isermann, H./Bonse, M. 2001, S. 119 ff).

Zu einer intracerebralen Blutung kommt es häufig durch sehr hohen Blutdruck, welcher eine cerebrale Massenblutung auslöst. Ursächlich sind hierfür oft kleine Aneurysmen in der Gefäßwand oder auch Angiome, also angeborene Fehlbildungen von Gefäßen im Bereich des Übergangs von Arterien zu Venen. Natürlich kann auch ein Trauma wie z.B. ein Sturz zu einer Hirnblutung führen, vor allem dann, wenn der Betroffene orale Antikoagulantien einnimmt. Lokalisiert sind Hirnblutungen häufig in den Basalganglien, dem Marklager, im Kleinhirn oder im Hirnstamm. Die Symptome entsprechen denen des ischämischen Schlaganfalls und sind abhängig davon, welche Hirnareale geschädigt werden (vgl. Isermann, H. et al. 2001, S.151f).

Leidet der Betroffene nach einem Schlaganfall an einer Aphasie, ist die Läsion im Gehirn zu 90% in der linken Hemisphäre verortet. Dies ist bei 96% der Rechtshänder die dominante Hemisphäre, die das Sprachzentrum beherbergt. Bei Linkshändern ist das zu 15% die rechte Gehirnhälfte. Die für die Sprache relevanten Areale sind das Broca-Areal, welches die Sprachproduktion steuert und das Wernicke-Areal, das für das Sprachverständnis zuständig ist. Versorgt werden sie hauptsächlich durch die A. cerebri media, die A. cerebri anterior und die A. cerebri posterior. Kommt es hier aufgrund einer Durchblutungsstörung zu einem Schlaganfall, leidet der Betroffene häufig auch unter einer Aphasie.

Außer einem Schlaganfall können auch ein Schädel-Hirn-Trauma, ein Hirntumor, Hirnatrophie, z.B. bei Demenz oder entzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems zu einer Aphasie führen (vgl. Wehmeyer, M. et al. 2012, S. 9ff). Auf diese Erkrankungen werde ich in dieser Arbeit jedoch nicht näher eingehen.

Wichtige Areale

Abb. 1: Die wichtigen Sprachareale im Gehirn

Die unterschiedlichen Formen von Aphasie

Globale Aphasie

Die globale Aphasie stellt die schwerste Form der Aphasie dar. Ursache hierfür ist meist ein Verschluss des Hauptstammes der A. cerebri media. Somit sind sowohl das Broca- als auch das Wernicke-Areal betroffen. Aufgrund dessen sind das Sprechen selbst sowie das Sprachverständnis beeinträchtigt. Häufig kommt es zu einer Störung der Aussprache und der Sprachmelodie. Die Betroffenen verwenden oft Sprachautomatismen und stereotype Redewendungen. Sie sagen z.B. immer „nein“ in unterschiedlichem Tonfall, auch wenn sie eigentlich „ja“ meinen oder umgekehrt. Dies macht die Kommunikation mit ihnen besonders schwierig, da selbst einfache Ja/Nein-Fragen oft nicht zielführend sind. Des Weiteren kann es auch zu Echolalie kommen, das bedeutet, dass vorgesagte Wörter oder Sätze mechanisch nachgesprochen werden, ohne dass deren Sinn verstanden wird. Positiv ist, dass es relativ schnell zu einer Verbesserung des Sprachverständnisses kommt, wohingegen sich das Sprechen selbst jedoch nur wenig bessert. Die automatisierten Floskeln werden häufig noch jahrelang von den Betroffenen verwendet. Nur der Hälfte der Aphasiker, die unter globaler Aphasie leiden, gelingt es, die Sprache wieder sinnvoll zu gebrauchen. Häufig ist die Unterscheidung von der Anarthrie, also das von einer Sprechstörung verursachte Unvermögen zu sprechen, schwierig. Durch psychiatrische Erkrankungen kann es auch zu einer Stummheit kommen, ebenso bei fortgeschrittener Demenz (vgl. Logopädisches Weblexikon (O.A.), 2013).

Broca-Aphasie – Motorische Aphasie

Zu einer Broca-Aphasie kommt es meist durch eine Durchblutungsstörung der Arteria praeolandica, welche von der Arteria cerebri media abzweigt.

Betroffene mit einer Broca-Aphasie sprechen meist langsam, mit vielen Pausen zwischen den Wörtern und mit großer Anstrengung. Häufig werden Worte aneinandergereiht ohne Artikel, Bindewörter oder Adverbien zu verwenden. Es wird in einer Art Telegrammstil gesprochen. Hierbei kann es auch zu Lautverwechslungen kommen. Der Wortschatz ist meist eingeschränkt, aber die Wörter werden sinnvoll benutzt. Das Sprachverständnis ist oftmals weniger gestört, allerdings kann es bei komplexeren Sätzen und komplizierteren Zusammenhängen zu Verständnisproblemen kommen. Das Verstehen wird teilweise dadurch erschwert, dass auch die Verarbeitung von Sprache verlangsamt ist. Der Betroffene ist sich seiner Sprachstörung durchaus bewusst und er versucht, seine Fehler zu verbessern. Es können auch einfache Sätze gelesen und verstanden werden. Das Schreiben ist auch möglich, weist aber dieselben Auffälligkeiten wie die Sprache auf, also z.B. Telegrammstil und Lautverwechslungen. Häufig hat der Patient zusätzlich eine Dysarthrie, also eine verwaschene Sprache (vgl. Mayer, J. 2014, Eintrag „Broca-Aphasie“).

Wernicke-Aphasie – Sensorische Aphasie

Ursache der Wernicke-Aphasie ist meist eine Durchblutungsstörung im Versorgungsgebiet der Arteria temporalis posterior. Bei den Betroffenen ist vor allem das Sprachverständnis gestört. Ihnen fällt es schwer, selbst einfachste Worte zu verstehen. Gleichzeitig ist aber auch die Sprachproduktion beeinträchtigt. Es werden Wörter verwechselt, Sätze falsch gebildet und diese sind meist auch stark ineinander verschachtelt. So entstehen verwirrend lange Sätze, deren Inhalt nicht mehr nachvollzogen werden kann. Häufig kommt es zu Lautverwechslungen bis hin zu Neologismen. Auch gibt es Verwechslungen bei der Bedeutung von Wörtern. Ebenfalls typisch ist ein ungebremster Redefluss, dies wird Logorrhoe genannt. Man spricht deshalb auch von einer flüssigen Aphasie, da der Patient einen ungestörten Sprachfluss hat, im Gegensatz zu Betroffenen der Broca-Aphasie. Durch diese Symptome ist die Kommunikation sehr eingeschränkt, da der Gesprächspartner die häufig unverständlichen ineinander verschachtelten Sätze nicht versteht und andersherum der Betroffene dem Gespräch nicht folgen kann, da er ein Problem damit hat, die Bedeutung des Gesprochenen zu verstehen (vgl. Hanser, H./Scholtyssek 2000).

Amnestische Aphasie

Bei der amnestischen Aphasie ist die Schädigung häufig tempoparietal (vgl. Logopädisches Weblexikon). Bei dieser Form der Aphasie handelt es sich meist um Wortfindungsstörungen. Manchmal ist der Sprachfluss ungestört, aber es werden teilweise nicht die richtigen Wörter benutzt, sondern sinnverwandte Wörter wie z.B. Tisch statt Stuhl oder das Wort wird umschrieben. Es kann auch zu stockendem Redefluss mit langen Pausen kommen, in denen der Betroffene nach dem richtigen Wort sucht. Das Sprachverständnis ist weniger stark betroffen, aber das Verstehen komplexerer Zusammenhänge kann trotzdem gestört sein. Die Patienten können häufig problemlos lesen, meist funktioniert auch das Schreiben, allerdings können sich dabei auch Wortfindungsstörungen zeigen (vgl. Mayer, J. 2014, Eintrag „Amnestische Aphasie“).

Kommunikationsmöglichkeiten mit Aphasikern

Nonverbale Kommunikation

Die nonverbale Kommunikation beinhaltet alle Arten sich zu verständigen, ohne die Sprache zu benutzen. Dies geschieht durch Gestik, Mimik, Körperhaltung, Zeichen und Bilder. Wir benutzen sie bei Gesprächen, um das Gesagte zu unterstreichen. Wir können dem Anderen beim Gespräch in die Augen schauen oder zur Seite. Mit Gesten unterstreichen oder verstärken wir, was wir sagen. Mit unserer Mimik drücken wir z.B. aus, ob wir froh oder traurig, entspannt oder gestresst sind. Unsere Körperhaltung kann signalisieren, ob wir selbstbewusst, ängstlich oder in Eile sind. (www.onpulson.de (OA), 2019).

Nonverbale Kommunikation kann meiner Meinung nach bewusst eingesetzt werden, um z.B. am Arbeitsplatz Professionalität oder Ruhe auszustrahlen, oft findet sie aber auch unbewusst statt und verrät dem Gesprächspartner etwas über unseren Gemütszustand. Im Bereich der Aphasie können sich Pfleger und Angehörige den Mitteln der nonverbalen Kommunikation bedienen, um mit dem Patienten zu kommunizieren.

Kann der Aphasiker zu Beginn gar nicht sprechen, ist nur der Einsatz von Ja/Nein-Fragen möglich (vgl. Friedhoff, M. et al. 2014, S. 83).

Hierbei sollte meiner Ansicht nach geprüft werden, ob der Patient nicken oder den Kopf schütteln kann. Funktioniert dies nicht, könnte man ihn bitten, für „ja“ einmal mit den Augen zu zwinkern und für „nein“ zweimal. Eine andere Möglichkeit für den Patienten zu antworten, wäre es auch die Hand des Pflegers oder Angehörigen zu drücken. Wichtig ist meiner Meinung nach auch, mit der eigenen Körperhaltung zu signalisieren, dass man Zeit hat und ganz auf den Patienten konzentriert ist. Durch Berührung, also taktile Reize, kann ich ihm z.B. zu verstehen geben, dass er sich zur Seite drehen soll oder, dass ich mit ihm aufstehen möchte. Dies kann noch zusätzlich durch entsprechende Gesten unterstrichen werden. Alle Tätigkeiten sollten natürlich auch mit Worten begleitet werden, da der Patient ja die Sprache wieder erlernen soll. Sehr wichtig finde ich hier auch die Krankenbeobachtung. Wie wirkt der Patient? Ist er angespannt, hat er ein schmerzverzerrtes Gesicht, schwitzt er sehr? Ebenfalls sollte man auf die Vitalzeichen achten, dies gilt vor allem, wenn der Patient noch am Monitor liegt. Sind Blutdruck und Puls hoch, dann hat der Patient meist Stress, da er vielleicht Schmerzen hat oder zur Toilette muss. Falls der Betroffene Schmerzen hat, kann man spezielle Schmerzskalen verwenden, die z.B. mit Smileys arbeiten, vorausgesetzt der Patient kann die Zeichen deuten. Dies nennt sich Smiley-Analog-Skala (vgl. DocCheck Flexikon).

Abbildung 2 Smiley-Analog-Skala

Ein weiteres Mittel ist der Einsatz von Kommunikationstafeln. Dies sollte mit dem behandelnden Logopäden abgesprochen sein, da der Betroffene hierbei ein gutes Symbol- und Leseverständnis haben sollte. Andernfalls kann es für den Patienten frustrierend sein und ihn dadurch in seinen Fortschritten eher hemmen. Kommt eine Kommunikationstafel zum Einsatz, sollte sie einfach gehaltene Bilder des Patientenalltags enthalten, die z.B. Hunger, Durst, Schmerzen, Toilette, Aufstehen oder Schlafen symbolisieren sollen. Während der logopädischen Therapie wird auch der Umgang mit solchen Bildern geübt (vgl. Friedhoff, M. et al. 2014, S.84).

Abb. 3 Kommunikationstafel

Im weiteren Verlauf der Therapie, frühestens in der Rehabilitation, können Kommunikationsbücher zum Einsatz kommen. Diese gibt es entweder vorgefertigt oder sie können individuell gestaltet werden. Die Größe kann DIN A4, DIN A5 oder DIN A6 sein. Praktischerweise sollten sie vom Patienten überallhin mitgenommen werden können. Sie sind deutlich ausführlicher als Kommunikationstafeln und enthalten alltagsrelevante Dinge, aber evtl. auch einen Kalender, Namen von Ärzten und Therapeuten oder von Angehörigen. Sie dienen auch als Hilfsmittel für den Gesprächspartner, der dadurch sicherstellen kann, ob er den Betroffenen richtig verstanden hat (vgl. Döppler, R. et al. 2003, S. 185ff).

Abb. 4 Kommunikationsbuch

Ist der Patient dazu in der Lage, kann er sich auch durch Schreiben oder Zeichnen verständlich machen. Es gibt darüber hinaus noch die Möglichkeit eines Sprachcomputers, der durch Eingabe von Buchstaben oder durch Augensteuerung Wörter wiedergibt. Dieser kommt aber im Akutkrankenhaus normalerweise nicht zum Einsatz.

Regeln für die Kommunikation mit Betroffenen

Zunächst einmal ist es meiner Erfahrung nach wichtig, dass der Patient gut sehen und hören kann. Man sollte also beachten, ob der Betroffene eine Brille oder Hörgeräte benötigt und dafür sorgen, dass er diese auch trägt.

Nun sollte man sich Zeit nehmen und eine ruhige Atmosphäre schaffen. Am besten begibt man sich auf die gleiche Ebene wie der Betroffene und hält während des Gesprächs Blickkontakt zu ihm. Auch sollte normal mit dem Patienten gesprochen werden, also nicht lauter als sonst und auf keinen Fall in Kindersprache oder Telegrammstil. Der Patient hat eine Sprachstörung, seine Intelligenz ist davon nicht beeinträchtigt. Zu beachten ist auch, dass nicht zwei Personen gleichzeitig mit ihm sprechen, dies kann zu Verwirrung und Missverständnissen führen. Man sollte langsam und deutlich sprechen, in kurzen und klaren Sätzen und schnelle Themenwechsel vermeiden. Es empfiehlt sich auch, Fragen zu stellen, auf die der Patient mit „ja“ oder „nein“ antworten kann. Niemals sollte man vorgeben, alles verstanden zu haben, wenn dies nicht der Fall ist. Besser ist es, durch Nachfragen abzusichern, ob man richtig liegt. Hierbei kann man zum besseren Verständnis auch auf reale Gegenstände zeigen. Von Vorteil ist es auch, die für das Verständnis besonders wichtigen Wörter deutlich zu betonen. Im Gespräch mit dem Betroffenen sollte man vermeiden, ihn zu unterbrechen oder den Satz für ihn zu vollenden, ihm also nicht die Worte aus dem Mund nehmen. Neigt der Patient zu ständigen Wiederholungen, ist es gut, ihn geschickt abzulenken. Merkt der Betroffene, dass er einen Fehler gemacht hat und selbst nicht weiterkommt, kann man ihn behutsam dabei unterstützen. Weist er einen ungebremsten Redeschwall auf, sollte man ihn vorsichtig stoppen. Leidet er im Gegensatz dazu unter Wortfindungsstörungen und sucht länger nach Wörtern, ist es wichtig, diese Redepausen zuzulassen und dem Patienten die Zeit zu geben, die er benötigt. Vorsichtig sollte man bei ironischen Bemerkungen oder Witzen sein, da sie vom Betroffenen oft nicht verstanden werden (vgl. Friedhoff, M. et al. 2014, S. 83f).

Meiner Meinung nach ist es hier auch von großer Bedeutung, mit den behandelnden Logopäden in engem Kontakt zu stehen. Sie können wichtige Tipps und Hinweise zur Kommunikation mit dem Betroffenen geben. Im Gegenzug erhalten sie auch von den Pflegekräften wertvolle Informationen, da diese von allen an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen die meiste Zeit den Patienten betreuen. Deshalb sollten auch regelmäßig interdisziplinäre Teambesprechungen stattfinden, um gegenseitig Informationen auszutauschen.

Zusammenarbeit mit Angehörigen

Die Zusammenarbeit mit Angehörigen ist in der Pflege meiner Meinung nach immer sehr wichtig. Bei Patienten mit einer Aphasie kommt ihr aber eine besondere Bedeutung zu. Die Angehörigen und Freunde der Aphasiker sind als Gesprächspartner in großem Maße von der Einschränkung mitbetroffen. Plötzlich stellt schon eine einfache Unterhaltung eine große Herausforderung dar. Gerade zu Beginn der Erkrankung sind die Angehörigen meiner Erfahrung nach sehr aufgeregt und auch verunsichert. Hier finde ich es wichtig, das Gespräch mit ihnen zu suchen und sie über Kommunikationsmöglichkeiten und Verhaltensregeln bei Gesprächen mit den Betroffenen zu informieren. Hierbei halte ich ein Informationsblatt für sinnvoll, welches ich beispielhaft im nächsten Kapitel vorstellen möchte.

Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass die Angehörigen die Gestik, Mimik und Äußerungen oft besser verstehen, da sie den Betroffenen viel besser kennen als die Pflegenden. Diese Informationen sind sehr wichtig für die Betreuung des Patienten. Sie sollten auch bei der Übergabe an das übrige Team weitergegeben werden.

Im weiteren Verlauf, z.B. in der Rehabilitation oder auch später zu Hause, ist die Zusammenarbeit mit den Angehörigen weiterhin von großer Bedeutung. Dies gilt hauptsächlich für die Logopäden, die den Patienten therapeutisch betreuen. Sie informieren die Angehörigen darüber, mit welchen Übungen sie den Betroffenen unterstützen können. Sinnvoll ist es oft auch, dass Angehörige manchmal an Therapiesitzungen teilnehmen. Voraussetzung hierfür ist natürlich das Einverständnis des Patienten. Dabei haben sie die Möglichkeit, die Fortschritte ihres Angehörigen zu sehen und zu erfahren, welche Hilfestellungen ihn bei der Wortfindung unterstützen können. Schließlich ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Betroffene das in der Therapie Gelernte in den Alltag überträgt (vgl. Tesak, J. 2014, S. 60f).

Informationsblatt für Angehörige

Ich erlebe in meinem Alltag auf einer lokalen Schlaganfalleinheit häufig, dass Angehörige von Patienten mit einer Aphasie sehr verunsichert sind, wie sie mit ihrem Angehörigen umgehen und sprechen sollen. Aufgrund meiner Recherchen zum Thema Aphasie habe ich ein Informationsblatt für Angehörige entworfen, das ihnen Ratschläge zum Umgang und zur Kommunikation mit ihrem Angehörigen gibt. Es ist natürlich trotzdem weiterhin sehr wichtig, zu signalisieren, dass man jederzeit für Fragen zur Verfügung steht.

Information:

Ihr Angehöriger leidet aufgrund eines Schlaganfalls an einer Sprachstörung, auch Aphasie genannt. Ihm fällt es schwer, zu sprechen oder die richtigen Worte zu finden, ebenso kann er Schwierigkeiten haben, Gesprochenes zu verstehen. Dies ist für ihn eine sehr schwierige Situation und es tut ihm gut, wenn er spürt, dass Sie Verständnis für ihn haben und ihn bei seinen sprachlichen Problemen unterstützen.
Nachfolgend finden Sie ein paar grundlegende Hinweise für den richtigen Umgang mit ihrem Angehörigen:

  • Bei einem Menschen mit Aphasie liegt keine Intelligenzminderung vor und er ist auch nicht dement.
  • Haben Sie Geduld mit Ihrem Angehörigen.
  • Sichern Sie sich die Aufmerksamkeit Ihres Angehörigen, indem Sie Blickkontakt mit ihm halten, ihn evtl. auch berühren und ihn mit seinem Namen ansprechen. Unterstreichen Sie ihre Worte durch Gesten und Mimik.
  • Vermeiden Sie ironische Bemerkungen oder Witze, sie werden von Ihrem Angehörigen wahrscheinlich nicht verstanden.
  • Korrigieren Sie Fehler beim Sprechen nicht, sondern achten Sie auf den Inhalt des Gesagten und nicht auf die Fehler einzelner Wörter.
  • Es sollten nicht mehrere Personen gleichzeitig mit Ihrem Angehörigen sprechen, plötzliche Themenwechsel sollten vermieden werden.
  • Falls Sie ihn nicht richtig verstehen, stellen sie Fragen, die mit „ja“ oder „nein beantwortet werden können.
  • Verwenden Sie beim Sprechen Gesten und zeigen Sie auf Gegenstände, z.B. auf einen Stuhl, wenn er sich hinsetzen soll.
  • Bitte benutzen Sie keine Kindersprache, es ist auch unnötig lauter zu sprechen, außer ihr Angehöriger ist tatsächlich schwerhörig.

Wichtig ist vor allem, dass Sie Ihrem Angehörigen zu verstehen geben, dass Sie für ihn da sind, sich Zeit für ihn nehmen und ihn geduldig auf seinem Weg der Besserung begleiten.Bei Fragen zum Umgang mit der Aphasie können Sie sich jederzeit an das Pflegepersonal wenden.

Fazit

Durch die intensive Beschäftigung mit dem Thema Aphasie habe ich viele Erkenntnisse über deren Symptome gewonnen. Dies gibt mir mehr Sicherheit im Umgang mit den Patienten. Es kommt dadurch vielleicht auch zu weniger Missverständnissen und frustrierenden Situationen zwischen mir und dem Betroffenen. Er kann beim Wiedererlangen seiner sprachlichen Fähigkeiten dadurch besser gefördert werden.

Durch die Auseinandersetzung mit diesem Thema wurden mir außerdem die Folgen für die Betroffenen im Alltag bewusster. Plötzlich können sie Wünsche und Bedürfnisse nicht mehr mitteilen oder sie werden missverstanden. Hinzu kommen eventuell auch Zukunftsängste, falls die Betroffenen noch berufstätig sind. Die Verständigung mit dem Partner ist vielleicht erschwert und Gesprächen im Freundeskreis kann man nicht mehr so leicht folgen. Deshalb habe ich auch das Informationsblatt für Angehörige entworfen. Es soll das Verständnis für die Betroffenen und die Kommunikation mit ihnen erleichtern. Den Einsatz von Kommunikationstafeln werde ich in Absprache mit den Logopäden bei hierfür geeigneten Patienten nutzen.

Ich hoffe, dass diese Arbeit auch für meine Kollegen und andere Pflegende hilfreich sein kann.

Quellenverzeichnis

Internet

  • DocCheck Flexikon, Eintrag „Schmerzskala“ (o.J.). https://flexikon.doccheck.com/de/Schmerzskala (Abruf: 07.01.2019)
  • Hanser, H./Scholtyssek, C. (2000): Lexikon der Neurowissenschaft. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag; Eintrag „Wernicke-Aphasie“. https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/wernicke-aphasie/13990 (Abruf: 01.01.2019)
  • Logopädischer Weblexikoneintrag „Amnestische Aphasie“ (2009). http://logopaediewiki.de/wiki/Amnestische_Aphasie (Abruf: 01.01.2019)
  • Logopädischer Weblexikoneintrag „Globale Aphasie“ (2013). http://logopaediewiki.de/wiki/Globale_Aphasie (Abruf: 28.12.2018)
  • Mayer, J. (2014): Aphasische Hauptsyndrome: Amnestische Aphasie, Universität Stuttgart.

http://www2.ims.uni-stuttgart.de/sgtutorial/amnestische.html (Abruf: 02.01.2019)

  • Mayer, J. (2014): Aphasische Hauptsyndrome: Broca-Aphasie, Universität Stuttgart.

http://www2.ims.uni-stuttgart.de/sgtutorial/broca.html (Abruf: 28.12.2018)

  • Onpulson Wissen für Unternehmer und Führungskräfte (o.J.): Nonverbale Kommunikation.

https://www.onpulson.de/lexikon/nonverbale-kommunikation/

(Abruf: 07.01.2019)

Literarische Quellen

  • Döppler, R./Ostermann, F./Militzer, G. (2003): Kommunikationsbücher. In: Ostermann, F. (Hrsg.): Ohne Worte. Sprachverarbeitung und Therapie bei globaler Aphasie. Dortmund: Borgmann Verlag
  • Friedhoff, M./Schieberle, D. (2014): Praxis des Bobath-Konzepts. Grundlagen – Handling – Fallbeispiele. 3. Auflage. Stuttgart: Thieme Verlag
  • Isermann, H./ Bonse, M. (2001): Neurologie und neurologische Pflege. 7. Auflage. Stuttgart: Kohlhammer Verlag
  • Tesak, J. (2013): Aphasie. Sprachstörungen nach Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma. Ein Ratgeber für Angehörige und medizinische Fachberufe. Überarbeitet von Thomas Brauer. 4. Auflage. Idstein: Schulz-Kirchner Verlag
  • Wehmeyer, M./Grötzbach, H. (2012): Grundlagen. In: Thiel, M./Frauer, C. (Hrsg.): Aphasie. Wege aus dem Sprachdschungel. 5. Auflage. Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag

Abbildungsverzeichnis

  • Logo Kreiskrankenhaus Emmendingen: https://www.google.de/search?q=logo+kreiskrankenhaus+emmendingen&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwiex8C8zdTfAhUI3qQKHXq5C3oQ_AUIDigB&biw=1280&bih=683&dpr=1.25#imgrc=Kq8BsaPJP-62OM

(Abruf 04.01.2019)

  • Titelbild:

http://www.aphasiker-lsa.de/ (Abruf 04.01.2019)

  • Abb.1: Die wichtigen Sprachareale im Gehirn https://www.google.de/search?q=broca+und+wernicke+areal&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwiQvZ23xtTfAhUuM-wKHcLDAR4Q_AUIDigB&biw=1280&bih=683#imgrc=l7Nzl7gJzO6RwM:

(Abruf 04.01.2019)

  • Abb. 2: Smiley-Analog-Skala

https://www.google.com/search?q=smiley+analog+skala&client=firefox-b-ab&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwih5cCB-uDfAhVQb1AKHQu0CZcQ_AUIDygC&biw=1280&bih=683#imgrc=89i9TOYp-gBTvM: (Abruf 09.01.2019)

  • Abb. 3: Kommunikationstafel https://www.google.com/search?q=kommunikationstafel+aphasie&client=firefox-b-ab&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwiL2qHY-uDfAhWRKVAKHYv5AKEQ_AUIDygC&biw=1280&bih=683#imgrc=OOSZ3K9hUtpdgM: (Abruf 09.01.2019)
  • Abb. 4: Kommunikationsbuch

https://www.rehavista.de/?at=Produkte&p=R02149 (Abruf 10.01.2019)

Eidesstattliche Erklärung

„Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig angefertigt und ich alle benutzten Quellen angeführt habe. Diese sind in der Arbeit kenntlich gemacht.

Die Arbeit wurde bisher keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht“.

Kenzingen, den 11.03. 2019, __________________________