Erkrankungen und Veränderungen des Bewegungsapparates im Alter
Stürze und Knochenbrüche schweben im Alter wie ein Damoklesschwert über dem Kopf. Themen wie Arthrose und Osteoporose rücken in den Fokus. Zum Vortrag „Kontra dem Hals- und Beinbruch“ hat die Initiative Schlaganfall den Facharzt für Orthopädie und Leiter des Endoprothetik-Zentrums Dr. Ladislav Plesak eingeladen.
„Mein Thema ist die Alterstraumatologie – das wird immer mehr ein Thema für alle Beteiligten. Die Altertraumatologie beschäftigt sich nicht nur mit dem Trauma des älteren Menschen, sondern mit der Behandlung, Prävention und der Verletzung von Patienten im höheren Alter. Wir versuchen, den älteren Menschen wieder in ihr normales soziales und gewohntes Umfeld zu bringen, wieder auf die Beine zu bringen, den Erhalt der Gesundheit vor allem auch die Gehfähigkeit wiederherzustellen.
Unsere Aufgabe: Bei hüftnahen Frakturen müssen wir versuchen, den Patienten innerhalb von 24 Stunden operativ zu versorgen – so können Patienten schnellstmöglich wieder bewegungsfähig und belastungsfähig gemacht werden und möglichst nicht lange im Bett bleiben sollen, weil sonst die Gefahr einer ernsthaften Komplikation deutlich zunimmt – statistisch gesehen bringt jeder Tag ca. 20% mehr Probleme mit sich. Traumatisierte Patienten kommen primär in die Unfallchirurgie, gibt es Komplikationen oder ist eine Prothese nötig, kommen Sie zu uns in die Orthopädie. Jeder der operierenden Ärzte muss 50-100 Prothesen im Jahr einsetzen, dafür wird die Klinik jährlich zertifiziert.
Der Sturz ist nicht immer ein Problem des Traumas, es ist viel häufiger so, dass dieser der Ausdruck einer Begleiterkrankung. Sie stürzen, weil sie Koordinationsprobleme haben, weil sie Schwindel oder Herzrhythmusstörungen haben. Oft ist das Trauma – der Unfall selber – nicht die Ursache, sondern eine Grunderkrankung ist dabei, die Probleme mit sich bringt. Dass beim Sturz die Knochen brechen, liegt oft an der Knochendichte, am Muskelabbau, an Gleichgewichtsstörungen und Koordinationsstörungen. Zusätzlich haben manche Patienten eine Demenz, die das Sturzrisiko deutlich erhöht. Und dann gibt es noch die Stolperfallen – Teppiche, vor allem dann, wenn man das Bein nicht mehr richtig heben kann, weil man Wirbelsäulenprobleme hat. Deshalb: mit zunehmendem Alter, mit zunehmenden Gangunsicherheiten sollte man kritisch nach Stolperfallen suchen“.
Dr. Plesak machte dann einen Ausflug in die Osteoporose. Osteoporose ist eine Erkrankung, die nicht weh tut. Das Problem sind Altersknochenschwund, bei Frauen insbesondere nach der Menopause und Muskelathrophien (Muskelschwund) die beim Patienten auftreten. Es kommt mit der Zeit zu einer Verringerung der Knochendichte, die selbst im Roentgenbild nicht unbedingt erkannt wird, sodass ein Orthopäde daraus nicht die Diagnose „Sie haben eine Ostoporose“ geben kann. Eine sichere Bewertung ist nur im CT möglich – im Ergebnis bekommt man die Aussage, dass man in Relation zu Gleichaltrigen krank mit Osteoporose ist und wie ausgeprägt ist das.
Es gibt klassische Indikatorbrüche, die typisch für Osteoporose sind: Bei einem Sturz, bei dem man sich abfangen kann, kann es zu einer Radiusfraktur kommen, andernfalls stürzt man unkontrolliert auf den Oberarm – eine Oberarmfraktur.
Typisch: auch ohne Sturz kann es zu einer Wirbelkörperfraktur kommen, eine tückische Osteoporosefraktur, die sogar bei einem Stolperschritt auftreten kann.
Klassisch sind auch Frakturen am hüftnahen Oberschenkel, am Becken oder auch Brüche um eine bereits einliegende Endoprothese, aber auch im hüftnahen Bereich.
Interessant auch die Feststellung: Es gibt zusätzliche Risikofaktoren, die die Osteoporose noch zusätzlich verstärken: Wenn es bei den Eltern bereits zu Frakturen kam, wenn man raucht, Mangelernährung und Alkoholkonsum, aber auch Nierenerkrankungen, die zum Kalziumverlust führen können und auch Erkrankungen aus dem rheumatischen Bereich oder Lungenerkrankungen, die einer Cortisontherapie bedürfen, sollte man an eine Osteoporoseerkrankung denken. Jeder, der über Jahre hinweg Cortison in höheren Dosen einnimmt, ist frakturgefährdet und sollte sich einer Knochendichteuntersuchung unterziehen.
Dr. Plesak: „Wann geht man zu einer Knochendichtemessung? Das ist eine häufig gestellte Frage, weibliche Patienten mit Frakturen über 50 Jahre, Männer über 60 Jahre, bei Patienten ohne Frakturen und ohne Anamnese: Frauen über 70, Männer über 80 Jahre. Neben dieser Untersuchung sollte es auch eine Laboruntersuchung geben, um festzustellen, ob es Störungen im Stoffwechsel gibt, Störungen an der Niere oder am Darm. Auch die Messung vom Vitamin D im Blut – aber man sollte nicht nur Vitamin D einnehmen, sondern sich auch an der Sonne im Freien bewegen“.
Die wichtigsten Säulen der Osteoporose, die man beachten sollte:
Erhalt der wichtigsten Muskelfunktionen, Koordination und Bewegung
Einnahme notwendiger Medikamente – Genügend Kalzium 1000 mg (z.B. in Hartkäse enthalten) und Vitamin D
Vernünftige Ernährung
Was passiert bei einer Knochendichtemessung? Der Röntgenarzt untersucht einen Lendenwirbel im CT, im Ergebnis erfährt der Patient ob man sich vielleicht besser etwas mehr bewegen sollte oder ob Medikamente nötig sind. Eine Wiederholung der Untersuchung sollte nach 2-5 Jahren erfolgen, dabei ist zu beachten, dass es sich um eine Röntgenbestrahlung handelt, die immer ein Risiko an Reststrahlung insbesondere im Bauchbereich bewirkt, deshalb sollten nur diejenigen, die eine schnelle Knochendichteabnahme haben sich eher an kürzeren Zeiträumen orientieren.
Ist ein neues Hüftgelenk erforderlich, kann dieses zementfrei im Knochen eingesetzt werden, die Pfanne wird seit vielen Jahren mit einem Presssitz im Becken eingesetzt. Ist die Osteoporose deutlich fortgeschritten wird der Schaft im Knochen mit Zement zusätzlich verdichtet, sodass ein weiterer Knochenbruch durch eine zementfreie Verankerung der Endoprothese im Knochen vermieden wird.
Der Vorteil einer zementfreien Hüfte kommt besonders bei Komplikationen zum Tragen. Da der Zement härter als der Knochen ist, kann es bei der Entfernung zu Schwierigkeiten kommen.
Oberarmfrakturen kommen meist dann zustande, wenn man unkontrolliert auf den Oberarm stürzt, der Knochen kann splittern, vor Allem wenn eben die Knochendichte gering ist, der Knochen fast hohl ist, zusätzlich wird dann oft der Radialisnerv geschädigt, der bei der Operation ebenfalls wieder „repariert“ werden muss. Deshalb heißt es bei uns: möglichst schnell operieren.
Für die Operateure ist eine fortschreitende Osteoporose problematisch, weil bereits operierte Knochenbrüche oder auch der Ersatz durch Hüft-Endoprothesen später zu erneuten Knochenbrüchen oder auch neuen Hüften kommen könnte. Deshalb: Sturzprophylaxe, um die Sturzgefahr und damit die Gefahr erneuter Knochenbrüche zu verringern.
Dr. Plesak: „Wir haben deshalb in unserer Klinik das Alterstraumazentrum gegründet, in dem Unfallchirurgen, Altersmediziner und Internisten aber auch Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden und Psychologen vor allem ältere Menschen mit sturzbedingten Verletzungen betreuen. Älteren Menschen sollen nach Sturzverletzungen wieder zu Mobilität und Eigenständigkeit verholfen werden, sodass eine baldige Rückkehr ins häusliche Umfeld ermöglicht wird und die Lebensqualität erhalten bleibt, d.h. Begleiterkrankungen werden sofort nach der Operation behandelt. Mit Sturzprävention, Osteoporosetherapie und Umstellung der Ernährung versuchen wir beispielsweise im Team den Patienten schnellstmöglich wieder auf die Beine zu bekommen. Mit entsprechenden Implantaten und Techniken, über die wir verfügen, können wir den Knochen reparieren, stabilisieren, sodass jeder wieder relativ schnell auftreten kann und den Körper belasten kann“.