Akutversorgung – Auf was ist zu achten?

Wissenswertes von der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe

Wie verläuft die Behandlung eines Schlaganfall-Betroffenen in den ersten Stunden?

Ein Mensch mit einem akuten Schlaganfall wird idealerweise in einer spezialisierten Klinik mit einer Spezialstation für Schlaganfall-Betroffene, einer so genannten Stroke Unit, behandelt.
Vor Beginn der Therapie ist es jedoch notwendig, den Hauptgrund für den Schlaganfall herauszufinden. Die wichtigste Untersuchungsmethode ist die so genannte Computertomographie (CT). Mittels dieser Röntgenschichtaufnahme können Mediziner schon in den ersten Stunden feststellen, ob es sich um eine Hirnblutung („Platzen“ eines Gefäßes) oder um einen Hirninfarkt („Verstopfen“ eines Gefäßes) handelt. Neben einer so genannten Basistherapie, die aus einer Überwachung und Behandlung der Atem- und Herzkreislauffunktionen, der Körpertemperatur und des Blutzuckers besteht, gibt es abhängig vom ermittelten Hauptgrund und anderen medizinischen Ausschlusskriterien verschiedene therapeutische Maßnahmen.

Die beim Herzinfarkt schon seit längerer Zeit eingesetzte so genannte Thrombolyse wird seit einigen Jahren auch in der Therapie von Hirninfarkten eingesetzt. Bei der „Lyse“ werden Medikamente in den Körper eingebracht, um Blutgerinnsel aufzulösen. Dahinter steckt die Idee, dass die durch den Verschluss eines Gefäßes von der Versorgung abgeschnittenen Hirnbereiche wieder mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und somit vor dem Absterben bewahrt werden. Wenn die Medikamente über eine venöse Infusion gegeben werden und im ganzen Körper wirken, sprechen Mediziner von einer systemischen Thrombolyse. Dieses Verfahren ist allerdings nur bis zu drei Stunden nach Einsetzen der ersten Symptome des Schlaganfalls möglich. Von einer lokalen Thrombolyse spricht man, wenn das Medikament über einen Katheter direkt „vor Ort“ in der Arterie verabreicht wird. Dieses Verfahren ist bis zu sechs Stunden nach Einsetzen der Symptome möglich, unterliegt jedoch strengen medizinischen Ausschlusskriterien.
Ein weiterer Behandlungsschwerpunkt ist die so genannte Sekundärprävention. Ziel ist es, von Anfang an durch Medikamente die Blutgerinnung zu hemmen und dadurch die Bildung von weiteren „Verstopfungen“ der Gefäße zu verhindern, also einem weiteren Hirninfarkt vorzubeugen.
Bei einer Hirnblutung oder bei Hirninfarkten, die mit einer Schwellung des Hirngewebes einhergehen, kann eine Operation am Gehirn notwendig sein. Diese kann bei einer Hirnblutung z.B. dem „Ausräumen“ von Blutungen dienen; bei Hirninfarkten kann durch eine Entfernung von Teilen des Schädelknochens dem sich ausdehnenden Gehirn Raum geschaffen werden. Der entfernte Teil des Schädelknochens wird dann wieder eingesetzt, wenn sich die Schwellung zurückgebildet hat. Solche Eingriffe sind allerdings selten notwendig.

Was ist eine Stroke Unit?

Stroke Units sind Spezialstationen, auf denen Betroffene in den ersten Tagen nach einem Schlaganfall betreut werden. Auf ihnen erfolgt die Diagnostik, die Betroffenen werden überwacht und therapiert. Der englische Begriff „stroke“ lässt sich mit dem deutschen „Schlag“ übersetzen, „unit“ bedeutet so viel wie „Einheit“. Das Konzept der „Schlaganfall-Einheiten“ stammt ursprünglich aus den USA, wo die Stationen in Anlehnung an so genannte „Coronary Care Units“ – Stationen zur Behandlung von Menschen mit Herzinfarkt entstanden sind.
In Deutschland werden seit Mitte der 1990er Jahre Stroke Units aufgebaut. Inzwischen gibt es 250 von der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft zertifizierte Stationen. Eine Stroke Unit hat die apparativen und die personellen Voraussetzungen für die notwendigen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen. Die lebensnotwendigen Funktionen der Betroffenen können rund um die Uhr überwacht werden, ein erfahrenes Team unterschiedlicher Fachärzte, bestehend aus Neurologen, Kardiologen, Neuro- und Gefäßchirurgen sowie Radiologen, arbeitet zusammen. Außerdem beginnt hier schon in den ersten Tagen die Rehabilitation durch Physio- und Ergotherapie, Logopädie und Pflegende.
In der Regel verlassen die Betroffenen nach drei bis fünf Tagen die Stroke Unit. Von hier aus werden sie entweder auf eine neurologische bzw. allgemeine Normalstation verlegt oder sie werden direkt in eine Rehabilitationseinrichtung überwiesen.

Was bedeutet ‚zertifiziert’ im Zusammenhang mit Stroke Units?

Seit Oktober 2003 wird unter der Schirmherrschaft der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft ein so genanntes Zertifizierungsverfahren für Stroke Units angeboten, das 2009 überarbeitet wurde. Das Verfahren, das gemeinsam mit der LGA InterCert GmbH durchgeführt wird, hat zum Ziel, die Qualität von Stroke Units gezielt zu fördern und systematisch nach außen darzustellen.
Zum Start des Zertifizierungsverfahrens füllt die interessierte Stroke Unit einen Fragebogen aus, in dem sie ihre Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität an Hand gezielter Fragen darstellt. Erfüllt die Stroke Unit definierte Mindeststandards, werden die Angaben bei einer Begehung vor Ort von zwei speziell ausgebildeten Fachauditoren auf Konformität mit geforderten Qualitäts-Standards überprüft. Wenn die Stroke Unit die Anforderungen erfüllt, empfehlen die Auditoren eine Zertifizierung. Das Zertifizierungsverfahren wird in regelmäßigen Abständen wiederholt (Re-Zertifizierung), damit ist es im weitesten Sinne mit einer TÜV-Überprüfung eines Autos vergleichbar.
Bisher haben sich noch nicht alle Stroke Units in Deutschland an diesem Verfahren beteiligt. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Behandlung auf nicht zertifizierten Stationen schlechter ist. Eine Liste der zertifizierten Stroke Units gibt es bei der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe.

Worin liegen die konkreten Vorteile einer Stroke Unit?

Dieser Frage sind verschiedene wissenschaftliche Studien nachgegangen. Das Fazit: Die Behandlung auf einer Stroke Unit verbessert das medizinische Heilungsergebnis.
Im Einzelnen lässt sich aus den Studien ableiten, dass die Betroffenen durch die Behandlung auf der Stroke Unit langfristig unter weniger Einschränkungen durch den Schlaganfall leiden, dass ihr stationärer Aufenthalt insgesamt verkürzt ist und dass sie von weniger Komplikationen betroffen sind. Zudem kommen die Studien zu dem Ergebnis, dass die Behandlung auf einer Stroke Unit zu einer Senkung der Sterblichkeitsrate führt.
Heute werden in Deutschland über 50 Prozent der Schlaganfall-Betroffenen auf einer der zertifizierten Stroke Unit behandelt.
Für die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe und die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft ist es wünschenswert, dass weitere Stroke Units gegründet werden, damit noch mehr Betroffenen dieser Behandlungsvorteil zu Gute kommt.

Kann und sollte jeder Schlaganfall-Betroffene auf einer Stroke Unit behandelt werden?

Nicht für jeden Betroffenen ist die Behandlung auf einer Stroke Unit geeignet. So sollten z.B. bewusstlose Betroffene oder solche mit schweren Begleiterkrankungen auf einer Intensivstation therapiert werden. Betroffene, deren Schlaganfall bereits länger zurückliegt oder sehr alte Menschen, die z.B. an einer Demenz erkrankt sind, werden eher auf einer neurologischen Normalstation behandelt. Die Entscheidung auf welcher Station ein Betroffener behandelt wird, kann allerdings schneller und präziser in einer spezialisierten Klinik getroffen werden. Daher sollte jeder Schlaganfall-Betroffene – sofern es medizinisch verantwortbar ist – immer erst dorthin eingeliefert werden. Ggf. kann er nach einigen Tagen in ein Krankenhaus in der Nähe seiner Heimat verlegt werden

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