Amela Selmanovic, erfolgreiche Teilnehmerin des Qualifikationslehrganges Spezielle Pflege auf Stroke Units 202472025 vom Schwarzwald-Baar Klinikum Villingen-Schwenningen

Post Stroke Depression „Wenn ein Schlag auch die Seele trifft“

Krankheitsbild Schlaganfall

Ein Schlaganfall entsteht durch eine Schädigung des Gehirngewebes, entweder aufgrund eines Gefäßverschlusses (ischämischer Schlaganfall) oder einer Blutung (hämorrhagischer

Schlaganfall). Jeder Schlaganfall ist einzigartig. Die Auswirkungen eines Schlaganfalls und deren Schweregrad sind primär von der betroffenen Hirnregion abhängig. Ein zerebraler Infarkt oder ischämischer Schlaganfall entsteht durch eine plötzliche Unterbrechung der Blutzufuhr zum Gehirn. Dadurch fehlen dem Gehirn Sauerstoff und Nährstoffe, was zum Zellsterben führt. Die häufigste Ursache für einen Hirninfarkt ist ein Blutgerinnsel, das ein zerebrales Blutgefäß verstopft. Dieses Gerinnsel kann sich entweder direkt in den Hirngefäßen bilden (thrombotischer Infarkt) oder an einer anderen Stelle im Körper, meist im Herzen oder in den großen Arterien des Halses entstehen und dann ins Gehirn wandern (embolischer Infarkt). Die Symptome eines Hirninfarkts treten in der Regel plötzlich auf und können je nach betroffener Hirnregion variieren: Hemihypästhesien (Missempfindungen einer Körperhälfte), Hemiparese (Lähmung einer Körperhälfte), Ataxie (unkontrollierte Bewegungen), Drehschwindel, Heiserkeit, Dysarthrie (verwaschene Sprache), Dysphagie (Schluckstörung), Fallneigung, Gangunsicherheit, Kopfschmerzen, Neglect (Vernachlässigung einer Körperhälfte), Gedächtnis und Orientierungsstörung, Hemianopsie (Ausfall einer Hälfte des Gesichtsfeldes), delirante Symptomatik (Unruhe, Orientierungsstörung, keine Kooperation, Störung des Wach-Schlafrhythmus). Eine Hirnblutung, auch hämorrhagischer Schlaganfall genannt, tritt auf, wenn ein Blutgefäß im Gehirn platzt. Dies führt zu einer verminderten Durchblutung und damit zu einer unzureichenden Versorgung der betroffenen Hirnbereiche mit Sauerstoff und Nährstoffen. Bei der Hirnblutung schädigt der Druck des austretenden Blutes das umliegende Gewebe zusätzlich. Typische Anzeichen einer Hirnblutung sind Kopfschmerzen, die plötzlich und heftig auftreten und auf mehrere Schmerzmittel nicht ansprechen. Plötzliche Bewusstseinsstörungen, die von Schläfrigkeit bis hin zu Koma reichen können, sind ebenfalls möglich. Bei der Beobachtung des Patienten können neurologische Ausfälle wie Halbseitenlähmungen im Gesicht, Arm und/oder Bein, Sprachstörungen sowie Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen festgestellt werden. Diese Symptome können mit oder ohne Übelkeit und Erbrechen auftreten. Eine charakteristische Erscheinung bei Hirnblutungen ist die Pupillendifferenz, die durch ausgedehnte Blutungen verursacht wird, die auch das Bewusstsein des Patienten beeinträchtigen können. Der Druck der Blutung auf der Gegenseite führt zu einer Schädigung der äußeren Schichten des Augenmuskelnervs. Dies resultiert in einer erweiterten Pupille (Mydriasis), die deutlich vergrößert erscheint. Eine transitorische ischämische Attacke (TIA) ist eine kurzzeitige Durchblutungsstörung des Gehirns. Diese Störung äußert sich durch vorübergehende neurologische Deffizite wie schmerzlose Muskelschwäche in einer Hand, Sprachstörungen oder temporäre Erblindung eines Auges.

Krankheitsbild Post Stroke Depression

Das Krankheitsbild Depression gehört zur Gruppe der affektiven Störungen. Das Wort „Affectus“ leitet sich vom lateinischen Wort ‚affectus“ ab und bedeutet so viel wie Gemütsverfassung, Gemütsregung (Pschyrembel, 2012). Bei affektiven Erkrankungen und damit auch bei der Depression, kommt es zu einer Störung der Gestimmtheit (Affektivität) gemeinsam mit Störungen des Antriebs und der Psychomotorik (Arolt et al., 2011). Depression lat. bzw. bedeutet ‚niedergedrückt‘, womit auch die gezeigte Symptomatik der gedrückten Stimmung, des Interessensverlustes, der Antriebslosigkeit und verminderten Leistungsfähigkeit umschrieben wird. Depressive Zustände werden als Folgeerscheinung und Komplikation eines Schlaganfalls in der Literatur mehrfach interpretiert. Fiedler et al. (2012) nennen die Depression nach dem Sturzereignis, Harnwegsinfekten, der Pneumonie und Druckläsionen als fünfthäufigste Frühkomplikation, die bei 16 % der Betroffenen nachbleibender Pflegebedürftigkeit und Lähmungen an der dritten Stelle noch vor sprachlichen und kognitiven Einschränkungen auftritt. Bei 5-10 % zählen Depressionen zu den zweithäufigsten psychischen Erkrankungen des Alters nach den demenziellen Entwicklungen. Depression ist eine phasenweise auftretende Störung mit dem Hauptsymptom Niedergeschlagenheit. Sie kann die Genesung stark beeinträchtigen und die Lebensqualität erheblich mindern. Etwa ein Drittel der Betroffenen leidet nach einem Schlaganfall unter psychischen Problemen. Die Ursachen für PSD sind vielfältig und umfassen biologische, psychologische und soziale Faktoren. Zu den biologischen Ursachen zählt die direkte Schädigung des Gehirns durch den Schlaganfall, insbesondere in Regionen, die für die Regulation von Stimmung und Emotionen verantwortlich sind. Ein Ungleichgewicht von Serotonin und Noradrenalin trägt wesentlich zur Entstehung von Depressionen nach einem Schlaganfall bei. Psychologische Faktoren umfassen die Reaktion der Patienten auf die physischen und kognitiven Einschränkungen, die durch einen Schlaganfall hervorgerufen werden. Gefühle von Hilflosigkeit, Verlust der Selbstständigkeit sowie die Angst vor weiteren Schlaganfällen können signifikant zur Entstehung von Depressionen beitragen. Das Bewusstsein über eigene Einschränkungen und die Anpassung an ein verändertes Leben können erheblichen psychischen Stress verursachen. Soziale Faktoren wie die Unterstützung durch Familie und Freunde, das Vorhandensein eines sozialen Netzwerks sowie die wirtschaftliche Situation des Patienten beeinflussen ebenfalls maßgeblich das Auftreten und den Schweregrad einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Ein Mangel an sozialer Unterstützung und Isolation kann die psychische Belastung erhöhen und das Risiko einer Depression verstärken. Andere wichtige Ursachen von Depressionen können auch medikamentöse Nebenwirkungen sein, beispielsweise durch die Einnahme von Neuroleptika wie Cortison oder ältere Bluthochdruckmedikamente wie Clonidin. Hormonstörungen wie Hypothyreose oder Schwangerschaft können ebenfalls Depressionen auslösen. Darüber hinaus kann die Depression auch durch das zentrale Nervensystem bedingt sein, häufig im Zusammenhang mit Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Parkinson oder Alzheimer‑Demenz. Die Symptome einer PSD ähneln denen einer klassischen Depression und können verschiedene emotionale, kognitive und körperliche Bereiche betreffen. Die allgemeinen Symptome einer PSD können vielfältig sein. Betroffene erleben häufig ein starkes Gefühl der Hoffnungslosigkeit und negative Verstimmungen. Zudem verlieren sie das Interesse an alltäglichen Aktivitäten und kämpfen mit Antriebslosigkeit sowie einer Beeinträchtigung des individuellen Gefühlslebens. Ein Verlust von Interessen ist bei Patienten häufig zu beobachten. So interessieren sich Betroffene oft nicht mehr an der Ausübung von Hobbys oder Aktivitäten, was die Genesung erschweren kann. Energiemangel ist ebenfalls ein Begleitsymptom bei einer PSD. Nach einem Schlaganfall fühlen sich Patienten häufig erschöpft und antriebslos, was die Physiotherapie erschweren kann. Patienten nach einem zerebralen Insult sind häufig mit Schlafstörungen konfrontiert. Insbesondere in der stationären Akutphase kommt es zu einer Störung des Wach- und Schlafrhythmus. Gewichtsveränderungen treten im Zusammenhang mit Depressionen häufig auf. Einige Betroffene nehmen an Gewicht zu, während andere an Gewicht verlieren. Konzentrationsprobleme sind ein sehr belastendes Symptom bei Patienten mit PSD. Viele Menschen haben nach einem Schlaganfall Schwierigkeiten, ihre Gedanken zu fokussieren und alltägliche Aktivitäten auszuführen. Schuldgefühle und ein Gefühl der Wertlosigkeit sind weitere häufige Symptome der PSD. Patienten fühlen sich nach einem Schlaganfall oft für ihre Erkrankung verantwortlich oder wertlos, da sie möglicherweise ihre Unabhängigkeit oder Rollenverpflichtungen nicht mehr erfüllen können. Diese Emotionen können die Depression verstärken und die Genesung behindern. Körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Magenprobleme sind ebenfalls häufige Begleiterscheinungen.

Fallbeispiel

Die Beobachtung von Patienten mit PSD ist eine pflegerische Maßnahme und erscheint als zentral für die Identifizierung und Behandlung in einem interdisziplinären Team. Pflegefachpersonen verbringen viel Zeit bei und mit den Patienten und übernehmen eine entscheidende Rolle bei der Identifizierung von Symptomen und der Bereitstellung einer geeigneten Unterstützung. Unter Patientenbeobachtung wird ein über das zufällige und unabsichtliche Bemerken hinausgehendes aktives, bewusstes und fokussiertes Wahrnehmen des Patienten seines körperlichen und geistigen Zustandes, seiner Lebensumstände, seines Umfeldes seiner Bedürfnisse sowie seines Pflegebedarfs verstanden.

In meiner Facharbeit werden drei Fälle von Patienten mit möglicher PSD aus meinem Pflegealltag betrachtet. Die Patienten habe ich über einen längeren Zeitraum betreut. Der erste Fall ist eine 76-jährige Frau mit mehreren Schlaganfällen. Die Patientin hat sowohl kognitive als auch körperliche Funktionen beibehalten. Was meine Aufmerksamkeit erweckt hat, war ihre Stimmung. Zunächst wirkte sie in der Kommunikation zurückhaltend und zeigte wenig Interesse an alltäglichen Aktivitäten, wie sich anzukleiden oder Körperpflege zu betreiben. Diesbezüglich benötigte die Patientin oft Motivationshilfe. Auch wollte sie nicht mehr essen und ihre Medikamente nicht einnehmen. Zudem stellte sie den Physiotherapeuten vor eine Herausforderung, da sie nicht aus dem Bett aufstehen wollte.

Zu diesem Zeitpunkt nahm ich die Kommunikation mit der Patientin auf. In einem Gespräch, erzählte sie mir, dass sie kurz vor dem Krankenhausaufenthalt zu Hause nach dem Essen des Öfteren erbrochen hatte. Damit einhergehend hatte sie eine Angst entwickelt, sich unmittelbar übergeben zu müssen, sobald sie etwas in den Mund nahm. Die Mobilisation aus dem Bett stellte für sie zudem insofern eine Herausforderung dar, da sie beim Aufstehen kreislaufinstabil war und Schwindel-Episoden hatte. Um einen eventuellen Sturz zu vermeiden, vermied sie es aufzustehen.

Nachdem Gespräch, nahm ich der Kontakt mit den Familienangehörigen auf. Zusammen mit einer Kollegin von der Logopädie, würde besprochen, der Pat. aufgrund Schlaganfalles, vorerst Passierte Kost anzubieten. Wenn möglich die Speisen mit den Lieblingszutaten der Pat. die die Angehörigen zu Hause für sie zubereiten und ihr in die Klinik bringen können. Diese Maßnahme war erfolgreich: Die Patientin fühlte sich bei der Aufnahme der vertrauten Speisen wieder wohl, obwohl die Angst vorm Erbrechen noch bestand. In den daran anschließenden Tagen wollte ich die Patientin aus dem Bett mobilisieren, doch wirkte sie zu diesem Zeitpunkt sehr schläfrig und war nicht kooperativ. Während einer darauffolgenden Frühschicht konnte ich die Patientin erstmals dabei unterstützen, insgesamt dreimal während der Schicht für maximal zehn Minuten an der Bettkannte zu sitzen. Dieser für mich kleiner Fortschritt bedeutete einen großen Schritt für die Patientin aus ihrer negativen Stimmung, der Antriebslosigkeit und den damit einhergehenden Angstzuständen; ich hatte das Gefühl, dass sie mir vertraut und sich sogar ein wenig darauf gefreut hatte.

Im zweiten Fall betreute ich einen Herrn, der einen schweren Schlaganfall erlitten hatte. Er hatte eine Hemiparese, Neglect, eine Hemianopsie, und eine Dysarthrie mit Sprachverständnis. Der Patient war gegenüber dem Pflegepersonal sehr nett und freundlich. Er kämpfte vermehrt mit Schlafstörungen, litt unter einem gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus, wurde während der Körperpflege schnell müde und zeigte einen Energiemangel während der Mobilisation. In einem Gespräch mit dem Patienten erwähnte er, dass es sein aktuelles Tagesziel war, raus an die frische Luft zu gehen. Daraufhin habe ich ihn mit angeschlossenem Überwachungsmonitor im Pflegestuhl auf den Stationsflur zu einem großen Fenster mit schöner Aussicht mobilisiert, sodass der Patient fünf bis zehn Minuten den sonnigen Tag genießen konnte. Für diesen Moment war er sehr dankbar und zeigte sich glücklich, dass ich seinen Wunsch trotz der Umstände erfüllen konnte – dieser Augenblick hat uns beide zu Tränen gerührt.

Im dritten Fall betreute ich eine Frau, die nach dem Schlaganfall unter Kopfschmerzen und hohem Blutdruck litt. Obwohl sie teilweise kooperativ war, empfand Sie die alltäglichen Aktivitäten als für sie schwer und lehnte die Mobilisationsversuche ab. Sie wollte keine Besuche von Familienmitgliedern, da sie nicht möchte, dass sie sie in ihrem Zustand sehen. Ihre negative Stimmung und Angst, deuteten auf die depressiven Symptome hin. Diese Situation brachte mich dazu, in meiner Facharbeit, die Wege aus der Depression zu untersuchen.

Prävalenz

Die Prävalenzangaben in der Literatur zu Depressionen nach Schlaganfällen weisen eine große Spannungsbreite auf und unterscheiden sich in den verschiedenen Studien. Die Prävalenz einer depressiven Symptomatik ist in Deutschland in den letzten Jahren gestiegen. Im Jahr 2023 lag bei 14,4 % der Erwachsenen in Deutschland eine depressive Symptomatik vor. Bei Altersstandardisierung zeigten Frauen (15,8 %) häufiger eine depressive Symptomatik als Männer (13,2 %). Jüngere Erwachsene (18 – 29 Jahre) waren mit 19,4 % häufiger betroffen als 65- bis 79-Jährige mit 8,3 % und Menschen ab 80 Jahren mit 11,4 %. Im mittleren Erwachsenenalter war der Anteil mit 15,2 % bei den 30- bis 44-Jährigen und 15,5 % bei den 45- bis 64-Jährigen in etwa gleich (RKI, 2024). Diese Unterschiede im Altersverlauf haben sich insbesondere bei Frauen gezeigt, teilweise auch bei Männern. Anhand dieser statistischen Daten lässt sich ein sozialer Gradient nach Bildung feststellen, wobei Personen aus der niedrigen Bildungsgruppe häufiger von einer depressiven Symptomatik betroffen waren (20,5 %), gefolgt von Personen der mittleren (14,4 %) und hohen Bildungsgruppe (7,0 %). Nach einem Rückgang der Prävalenz einer depressiven Symptomatik zwischen 2014 (10,1 %) und 2019 (8,3 %), zeigten sich in den Jahren 2022 mit 13,3 % und 2023 höhere Werte (RKI, 2024). Die großen Unterschiede bei Prävalenzangaben resultieren aus der Verwendung unterschiedlicher Messmethoden bzw. Instrumente, dem Zeitabstand zwischen Ereignis und Untersuchung, dem Kontext der Einschätzung (Akutbehandlungs- vs. Rehabilitationssetting) sowie den verschiedenen Ein- bzw. Ausschlusskriterien (Kapfhammer, 2011). Eine gesteigerte Prävalenz könnte außerdem mit der Tatsache zusammenhängen, dass die höhere Schlaganfall-Tendenz bei älteren Menschen mit einer höheren Erkrankungsneigung für Depression im fortgeschrittenen Alter korreliert.

Risikofaktoren

Die Prävalenzangaben zu Depressionen nach einem Schlaganfall zeigen, dass die Zahl der Bevölkerungsbetroffenheit von einer depressiven Symptomatik in Deutschland in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. Covid-19 führte dazu, dass Menschen im sogenannten Lockdown waren und keine gewöhnlichen alltäglichen Aktivitäten ausführen oder soziale und kulturelle Kontakte pflegen konnten. Aufgrund der hohen Prävalenz von Depressionen in den letzten Jahren ist die frühzeitige Identifikation von Patienten, bei denen das Risiko besteht, nach einem Schlaganfall, eine Depression zu entwickeln, von entscheidender Bedeutung.

An erster Stelle steht ein traumatisches Ereignis im Leben einer Person. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist das der Schlaganfall. Schwere Schlaganfälle mit ausgeprägter motorischer oder kognitiver Beeinträchtigung erhöhen das Risiko, eine Depression zu entwickeln. Im Praxisalltag sind Pflegefachpersonen häufig mit Schlaganfall-Patienten (in akut Phase) konfrontiert, die bereits vor dem Ereignis an Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen litten. Solche Patienten haben sehr wahrscheinlich ein höheres Risiko, die rezidivierende Depressionsstörungen zu entwickeln. Ein Mangel an sozialer Unterstützung oder das Fehlen eines stabilen sozialen Netzwerks kann das Depressionsrisiko nach einem Schlaganfall erhöhen. Potenzielles Risiko entsteht aufgrund bestimmter Lebenssituationen eines betroffenen Menschen. Dementsprechend sind Patienten, die unter schwierigen Lebensumständen, beispielsweise Alleinleben, finanziellen Problemen oder familiären Konflikten, leiden, stärker gefährdet. Eine wesentliche Rolle nehmen auch die biologischen Faktoren ein. So können die genetische Veranlagung und Veränderungen im Neurotransmitterhaushalt das Risiko einer Depression nach einem Schlaganfall beeinflussen. Zudem haben ältere Menschen und Frauen ein höheres Risiko, nach einem Schlaganfall an Depressionen zu erkranken.

Der Barthel-Index, ein pflegerisches Assessment zur Bewertung der Alltagsfähigkeiten von Patienten, hat sich als wertvoller Prädiktor für das Risiko einer PSD erwiesen. Der Barthel‑Index umfasst zehn Aktivitäten des täglichen Lebens, zum Beispiel Essen, Baden, Anziehen und Mobilität, und bewertet deren Unabhängigkeit. Ein niedriger Barthel-Index deutet auf eine geringere funktionelle Unabhängigkeit hin und impliziert eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Depression. Studien zeigen, dass Patienten mit einem niedrigeren Barthel-Index nach einem Schlaganfall häufiger depressive Symptome entwickeln. Dies kann auf die verstärkte Abhängigkeit von anderen und die eingeschränkte Fähigkeit, gewohnte Aktivitäten auszuführen, zurückgeführt werden. Die funktionelle Unabhängigkeit ist folglich von Bedeutung für die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Patienten.

Diagnostik der Post Stroke Depression

 Im Kontext der Diagnostik von PSD finden sich in der Literatur unterschiedliche Begrifflichkeiten wie: major and minor depressive disorder, dysthymic disorder, mood or affektive disorder. Dies erschwert klare Anhaltspunkte und sorgt für Unsicherheiten in der Diagnostik. Neben den unterschiedlichen Definitionen weisen viele Studien methodische Einschränkungen auf, einschließlich uneinheitlicher Screening-Methoden wie verschiedene Interviews, Fragebögen, Skalen sowie die Beurteilung in verschiedenen Zeitintervallen nach dem Schlaganfall und dem Ausschließen von Betroffenen mit kognitiven und körperlichen Beeinträchtigungen. Der Vergleich dieser Studien ist deshalb nur eingeschränkt möglich. Es besteht die Notwendigkeit eines standardisierten Vorgehens sowie die Notwendigkeit der Abgrenzung eines eigenständigen Krankheitsbildes.

Die Identifizierung einer PSD wird zudem durch Faktoren wie Alter und Geschlecht der betroffenen Person, Intensität des Schlaganfalls (ischämische oder hämorrhagische Ursache) sowie ätiologische Unklarheiten (Diskussion bezüglich organischer oder reaktiver Genese) erschwert. Als normale Reaktion nach einem Schlaganfall können allgemeine psychische und emotionale Belastungen, eine generelle Minderbelastbarkeit sowie kognitive Schwierigkeiten und Motivationsprobleme auftreten. Diese Aspekte können die Erfassung einer PSD zusätzlich beeinflussen, da sie die Validität und Reliabilität der Diagnose beeinträchtigen können. In der Praxis kann die Diagnose von PSD erst nach Entlassung aus dem Krankenhaus bestätigt werden. Aufgrund der möglichen Ablehnung psychiatrischer Hilfe durch die Betroffenen selbst bleiben die Krankheitsfälle oft unentdeckt bzw. unbehandelt. Eine professionelle, interdisziplinäre Diagnosestellung ist daher von großer Bedeutung.

Die Behandlung der post-stroke Depression (PSD) zielt darauf ab, depressive Symptome zu lindern. Dabei ist die Zuverlässigkeit und Notwendigkeit der diagnostischen Tools von entscheidender Bedeutung. Erfüllen diese Werkzeuge die erforderlichen Kriterien, können depressive Symptome erkannt und die diagnostischen Ergebnisse optimiert werden. Eine Meta-Analyse-Studie wurde durchgeführt, um das optimale Screening-Tool zur Messung von Depressionen zu ermitteln. Die folgenden drei bewährten Screening-Tools wurden identifiziert:

  • Hamilton Rating Scale for Depression (HAMD)
  • Center for Epidemiological Studies-Depression Scale (CES-D)
  • Patientengesundheitsfragebogen (PHQ-9)

Darüber hinaus zeigen Autoren die Validität des Beck Depression Inventory (BDI), der Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS-D) sowie der Depressionssubskala der Symptom-Check-Liste SCL-90 (SCL-90-D). An der Studie nahmen 201 Schlaganfallbetroffene teil, der Untersuchungszeitpunkt lag vier Wochen nach dem Ereignis. Obwohl diese Verfahren nicht speziell für Hirngeschädigte entwickelt wurden, wurden sie als geeignet für die Diagnostik einer PSD bewertet.

Diagnose einer Post Stroke Depression bei Aphasischen Patienten

Aphasische Zustandsbilder sind nach Schlaganfällen von Bedeutung. Unter einer Aphasie wird eine ‚erworbene zentrale Sprachstörung‘ verstanden. Es kann zwischen einer motorischen (Broca, 1861) und einer sensorischen (Wernicke, 1874) Aphasie unterschieden werden. Bei einer Läsion im Broca-Areal (Broca-Aphasie) ist die Sprachproduktion, gekennzeichnet durch angestrengte Sprache, beeinträchtigt. Bei der Wernicke-Aphasie oder sensorischen Aphasie ist die Spontansprache zwar flüssig, jedoch ist das Sprachverständnis gestört. Sinnloser Inhalt und Logorrhö sind charakteristisch. Während die amnestische Aphasie nur leichte Wortfindungsstörungen aufweist, ist die globale Aphasie die schwerste Form der Aphasie. Zu 80% sind die Aphasien die Folge von cerebrovaskulären Erkrankungen. Motorisches und sensorisches Sprachzentrum sind im Rahmen einer cerebralen Läsion, z.B nach einem Infakt der Arteria cerebri media in der dominanten Hemisphäre betroffen.

Die Spontansprache ist vermindert. Die Aphasic Depression Rating Scale (ADRS) und Montgomery-Asberg Depression Rating Scale (MADRS) sind wichtig zur Beurteilung von Depressionen bei aphasischen Patienten. Die DMS-V-Kriterien sind Goldstandard für PSD-Diagnosen und berücksichtigen auch Minor-Depression. Häufigkeitsangaben zu PSD sind vage, da Studien oft aphasische Patienten nicht erfassen. Es gibt kein standardisiertes Vorgehen für die Diagnostik, und Selbsteinschätzungsfragebögen erfordern gutes Sprach- und Leseverständnis. Befragungen von Dritten sind teils empfohlen, jedoch können sie den psychischen Zustand schlechter einschätzen als die Betroffenen selbst.

Es muss geklärt werden, ob eine PSD vorliegt und andere Ursachen einer Depression bedacht werden. Auch koexistente somatische Krankheiten können trotz Schlaganfall Depressionen auslösen (Kapfhammer, 2011). Medikamente wie Antihypertensiva, Parkinson-Medikamente, Schmerzmittel, Antiepileptika und Psychopharmaka können Depressionen als Nebenwirkung haben. Weitere Ursachen für Depressionen können neurologische Erkrankungen wie Epilepsie oder Gehirntumore und kardiologische Probleme wie KHK oder Hypertonie sein. Dies erschwert die Diagnose der PSD. Daher ist professionelle Diagnostik entscheidend.

Depressions Assesments

Bei Schlaganfall-Patienten ist ein spezielles Assessment wichtig, da Messinstrumente und Herangehensweisen variieren. Psychiatrische Fachärzte verwenden den ‚Gold standard‘ für Diagnosen und arbeiten eng mit Angehörigen und Pflegepersonal zusammen. Frühzeitige pflegerische Depressionseinschätzung gewährleistet bessere Outcomes durch rechtzeitige Erkennung und Behandlung einer PSD in der akuten Phase, einschließlich kontinuierlicher Therapieüberwachung.

Die Geriatrische Depressions-Skala (GDS), entwickelt von Psychiatrieprofessor Jerome A. Yesavage, wird weltweit zur Identifizierung von Depressionen bei älteren Menschen eingesetzt. Die Skala besteht aus 15 Fragen, die mit ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ beantwortet werden und eine maximale Punktzahl von 15 erreichen können. Ab fünf Punkten besteht eine erhöhte Depressionswahrscheinlichkeit.

Barthel Index

Ein weiteres bedeutendes Instrument für die Diagnostik und das Assessment von PSD ist der Barthel-Index. Ursprünglich entwickelt, um die Unabhängigkeit von Schlaganfallpatienten bei Aktivitäten des täglichen Lebens zu messen, hat sich der Barthel-Index auch bei der Erkennung von Depressionen als nützlich erwiesen.

Mit dem Barthel-Index kann die Fähigkeit von Patienten bewertet werden, zehn grundlegende Aktivitäten wie Essen, Baden, Anziehen oder Fortbewegung auszuführen. Eine niedrige Punktzahl kann auf eine eingeschränkte Selbstständigkeit hindeuten, was wiederum ein Risikofaktor für die Entwicklung einer Depression sein kann. Anhand der Bewertung der funktionalen Fähigkeiten können Ärzte und Pflegekräfte Anzeichen für eine mögliche Depression erkennen, die auf eine eingeschränkte Lebensqualität und soziale Isolation hinweisen.

Zudem bietet der Barthel-Index einen strukturierten Ansatz für die fortlaufende Überwachung des Zustands von Schlaganfallpatienten. Regelmäßige Bewertungen ermöglichen es, Veränderungen im funktionalen Status und im psychischen Wohlbefinden zeitnah zu erkennen und entsprechende Behandlungsstrategien anzupassen.

In Kombination mit spezifischen Depressionsskalen wie der GDS, dem PHQ-9 kann der Barthel-Index ein umfassendes Bild des physischen und psychischen Zustands eines Patienten liefern. Dies ermöglicht eine ganzheitliche und frühzeitige Intervention, die sowohl die physischen als auch die emotionalen Bedürfnisse von Schlaganfallüberlebenden berücksichtigt.

ICU Mobillity Scale (IMS)- Intensive Care Mobility Scale

Die ICU Mobility Scale (IMS) ist eine kategorische Skala mit 11 Punkten, die das höchste Maß an funktioneller Mobilität von Patienten innerhalb der Intensivstation (ICU- Intensive Care Unit) misst. Die Skala wird verwendet um den Grad der körperlichen Aktivität, bzw. Mobilisation eines Patienten während des Aufenthaltes auf der Intensivstation systematisch zu erfassen und zu dokumentieren. Die Skala besteht aus 11 Stufen (0 bis 10). Jede Stufe beschreibt eine bestimmte Mobilitätsaktivität von vollständiger Immobilität bis hin zum selbstständigen Gehen. Die IMS dient dazu, den Mobilisationsfortschritt zu messen, Rehabilitationsziele festzulegen und das Risiko für Komplikationen durch Immobilität zu senken (z.B Depression nach Schlaganfall, Delir, Muskelschwund, Thrombosen).

Die Eingeschränkte Mobilität erhöht das Risiko für Depression. Die Patienten die sich nach einem Schlaganfall nur eingeschränkt bewegen können, erleben häufig Verlust der Selbstständigkeit, Isolation, und Frustration. Die Frühmobilisation wirkt präventiv? Die Studien zeigen, dass eine frühe Mobilisation auf der Intensivstation (z.B Aufstehen, Sitzen, Gehen) nicht nur die körperliche, sondern auch die psyschische Genesung fördert. Die Bewegung wirkt antidepressiv- durch Förderung der Neuroplastizität, Endorphinausschuttüng (Hormonen) und soziale Interaktion. Umgekehrt kann eine bestehende Depression auch dazu führen, dass die Patienten weniger motiviert sind, an Mobilisierungsmaßnahmen teilzunehmen. Die Kombination aus ICU Mobility Scale + Depressionsscreening (z.B Geriatrische Skala, Barthel Index) kann helfen, Risikopatienten frühzeitig zu erkennen und gezielt zu behandeln.

Selbsthilfe nach Schlaganfall

Die psychische Unterstützung von Schlaganfallpatienten ist sehr wichtig und kann nicht nur durch Klinikpersonal erfolgen. Selbsthilfegruppen bieten einen effektiven Weg, um Patienten zu unterstützen. Laut der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe führen Selbsthilfegruppen zu neuer Lebensfreude und wichtigen Informationen. Sie verhindern soziale Isolation und fördern die gesellschaftliche Teilhabe. Bei einer Veranstaltung der Selbsthilfegruppe erlebte ich, wie sich die Teilnehmer wohlfühlten und hilfreiche Informationen erhielten. Die Pflegekräfte können betroffenen Patienten nur im Rahmen ihrer täglichen Arbeit eine Hilfe sein. Mit der Selbsthilfegruppe besteht jedoch noch eine weitere Möglichkeit, den Menschen eine Hilfestellung nahezubringen.

Evaluation

Die Pflege bei Post-Stroke Depression umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen, die darauf abzielen, die Symptome frühzeitig zu erkennen und eine effektive Behandlung zu gewährleisten. In einer Akut Phase von dem Schlaganfall bei Patienten, die keine bekannte Depressionszustände hatten, ist häufig nicht einfach einer Depression zu erkennen, da sich die unter verschiedene Schlaganfall Symptomatik sowie andere Begleiterkrankungen herunterziehen könnte. Die Pflegekräfte sollten bei Patientenbeobachtung frühzeitig Anzeichen einer Depression erkennen und dokumentieren. Erst bei Anamnese in der Aufnahme, sollte gefragt werden, ob die Patienten depressive Anzeichen hatten oder ob bei diejenigen schon als Depressive Störungen diagnostiziert worden sind und dies zu dokumentieren. In dem Fall können die Pflegende davon eingehen, sich bereit zu stellen, dass bei Schlaganfall die Depression Störungen oder Anzeichen sich wiederkehren können und die Behandlung von dem Schlaganfall deutlich beeinträchtigen. Außerdem, die Nutzung von Pflege Assessments kann helfen die Diagnose einer Depression festzulegen und dokumentieren. Die Anwendung standardisierter Fragebögen wie PHQ-9 und SDB hilft dabei, die Schwere der depressiven Symptomatik kontinuierlich zu überwachen. Bevor Pflegekräfte effektiv mit depressiven Patienten kommunizieren können, ist es wichtig, ein tiefes Verständnis für die Natur der Depression zu entwickeln. Depressionen sind nicht nur einfache Stimmungsschwankungen, sondern ernsthafte psychische Erkrankungen, die das tägliche Leben und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen können. Symptome können emotionale, kognitive und physische Aspekte umfassen und variieren von Patienten zu Patienten. Die Kommunikation mit depressiven Patienten erfordert Empathie, Geduld und Verständnis. Hier sind einige Strategien, die Pflegekräfte anwenden können, um eine effektive und unterstützende Kommunikation zu gewährleisten. Aktives Zuhören ist eine der wichtigsten Fähigkeiten, die Pflegekräfte entwickeln sollten. Es beinhaltet nicht nur das Hören der Worte des Patienten, sondern auch das Verstehen der zugrunde liegenden Gefühle und Gedanken. Pflegekräfte sollten zeigen, dass sie die Sorgen und Ängste des Patienten ernst nehmen und bereit sind, ihnen zuzuhören. Offene Fragen fördern die Kommunikation und geben dem Patienten die Möglichkeit, seine Gefühle und Gedanken ausführlicher zu äußern. Anstatt Ja/Nein-Fragen zu stellen, sollten Pflegekräfte Fragen wie „Wie fühlen Sie sich heute?“ oder „Was beschäftigt Sie momentan?“ „Sagen Sie mir bitte Bescheid, wenn ich Ihnen behilflich sein könnte“ verwenden. Empathie ist entscheidend für den Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung. Pflegekräfte sollten auf die Gefühle des Patienten eingehen und Mitgefühl zeigen. Sätze wie „Ich kann verstehen, dass das schwierig für Sie ist“ oder „Es tut mir leid, dass Sie sich so fühlen“ können helfen, eine Verbindung herzustellen. Depressive Patienten können Schwierigkeiten haben, komplexe Informationen zu verarbeiten. Pflegekräfte sollten daher klare und einfache Sprache verwenden und sicherstellen, dass ihre Botschaften leicht verständlich sind. Es ist wichtig, geduldig zu sein und Informationen bei Bedarf zu wiederholen.

Neben der Kommunikation spielen Pflegekräfte eine wesentliche Rolle bei der Unterstützung depressiver Patienten. Diese Unterstützung kann vielfältig sein und sollte individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt werden. Soziale Isolation kann die Depression verschlimmern. Pflegekräfte sollten Patienten ermutigen, an sozialen Aktivitäten teilzunehmen, und ihnen helfen, Kontakte zu knüpfen. Selbsthilfegruppen und soziale Veranstaltungen können eine wertvolle Unterstützung bieten. Pflegekräfte sollten empathisch und unterstützend auf die emotionalen Bedürfnisse der Patienten eingehen. Es ist wichtig, den Patienten das Gefühl zu geben, dass sie nicht allein sind und dass ihre Gefühle und Erfahrungen verstanden werden. Eine enge Zusammenarbeit mit Fachärzten und Therapeuten stellt sicher, dass die Patienten umfassend betreut werden. Pflegekräfte sollten regelmäßig mit anderen Gesundheitsfachkräften kommunizieren, um Behandlungsstrategien zu koordinieren und den Patienten die bestmögliche Versorgung zu bieten.

Schulungen für Pflegefachkräfte zur Sensibilisierung für die Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von Depressionen sind essenziell. Pflegekräfte sollten kontinuierlich weitergebildet werden, um ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern und auf dem neuesten Stand der Forschung zu bleiben. Regelmäßige Bewertungen des physischen und psychischen Zustands des Patienten ermöglichen es, Veränderungen frühzeitig zu erkennen und Behandlungsstrategien anzupassen. Pflegekräfte sollten routinemäßige Assessments durchführen und die Symptome der Depression kontinuierlich überwachen. Information für Angehörige: Infoblätter und Gespräche mit Angehörigen helfen, ein besseres Verständnis der Post-stroke Depression und ihrer Behandlung zu vermitteln. Mangelnde Zeit kritisch hinterfragen: Es ist wichtig, Zeit für die Patientenbeobachtung und therapeutische Maßnahmen zu finden, trotz der administrativen Belastung. Durch diese Maßnahmen kann das Pflegepersonal aktiv zur Linderung und Behandlung der Post-stroke Depression beitragen und die Lebensqualität der Patienten nachhaltig verbessern.

Fazit

Die zentralen Fragen, denen ich bei der Arbeit fast täglich begegne und die mich im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit dazu angeregt haben, über das Thema ‚Depression als Folge eines Schlaganfalls` nachzudenken und mich in Recherchen tiefgreifend damit auseinanderzusetzen, sind: Was geschieht in den Köpfen dieser Menschen? Kann einer Depression darauf hindeuten, dass das Gehirn durch alltäglichen Stress und Druck vor dem Schlaganfall überlastet war? Bedeutet das, dass körperliche und psychische Belastungen wie übermäßige Erwartungen, persönliche Misserfolge, Enttäuschungen, Schuldzuweisungen, Verdrängung von Problemen und Unwilligkeit, Hilfe zu suchen, das Gehirn irgendwann überfordern und einen ‚Neustart‘ nötig machen? Ziel dieser Facharbeit ist es, die Relevanz von Depressionen als mögliche Komplikation nach einem Schlaganfall zu untersuchen. Depressionen werden im Pflegealltag häufig übersehen oder als selbstverständlicher Zustand nach einem Schlaganfall interpretiert. Dabei soll berücksichtigt werden, welche Auswirkungen eine Depression auf die Betroffenen hat, wie eine post-stroke Depression (PSD) diagnostiziert wird und welche pflegerischen Faktoren zu ihrer Entstehung beitragen können. Zudem sollen entsprechende Interventionsmöglichkeiten aufgezeigt werden.

Die Feststellung der Relevanz von Depressionen basiert größtenteils auf Prävalenzangaben. Obwohl diese in der Literatur variieren, lässt sich feststellen, dass etwa ein Drittel aller Schlaganfallpatienten eine PSD entwickeln. Dies verdeutlicht, dass Depressionen nach Schlaganfällen häufig vorkommen. Im Pflegealltag ist jedoch das Bewusstsein für die möglichen psychischen Folgen eines Schlaganfalls noch nicht ausreichend ausgeprägt. Schmidt et al. (2011) betonen, dass eine Depression oft als normal und „jedenfalls als nicht behandlungsbedürftig“ angesehen wird. Aufgrund des fehlenden Bewusstseins hinsichtlich der negativen Auswirkungen einer PSD scheinen Ärzte und Pflegepersonen Depressionen nach einem Schlaganfall nicht zu priorisieren.

Knobloch (2007) weist hingegen auf längere Krankenhaus- und Rehabilitationsaufenthalte sowie häufigere Einweisungen in Langzeitpflegeeinrichtungen als Folgen einer PSD hin. Kapfhammer (2011) hebt zudem den Zusammenhang zwischen PSD und einem signifikant erhöhten Mortalitätsrisiko hervor. Schmidt et al. betonen die „existentielle Betroffenheit“ der Patienten, die sich in Form von Angst oder Schmerzen äußert und sich negativ auf die Lebensqualität auswirken kann.