Kann man schwere Schicksalsschläge bewältigen und damit auch umgehen?
Prof. Dr. Norbert Grulke, Ärztlicher Direktor der Luisenklinik in Bad Dürrheim: „Die Resilienz gibt an, was eine Person kann – das Vermögen – sich trotz widriger Umstände gut zu entwickeln, wieviel Widerstandskraft eine hat Person, gegen die Zerstörung der eigenen Integrität bei Druck von außen zu wirken. Anders – wieviel Kraft kann jemand aufbauen, damit er ein gutes, ein positives Leben trotz widriger Umstände hat. Und da gehört dazu, wie man mit Schicksalsschlägen umgehen kann.“
Ursprung der Resilienzforschung war die Kauai-Studie – alle Kinder, die 1955 auf dieser Insel geboren wurden, wurden nach der Geburt und dann mit 2, 10, 18 32 und 40 Jahren wieder untersucht. Ein Ergebnis dieser Studie: Kinder, die bis zum 2. Lebensjahr mehr als 3 psychosozialen Risikofaktoren (Armut der Eltern, Trennung der Eltern, psychische Erkrankung der Eltern, mittelschwere Geburtskomplikationen) ausgesetzt waren, hatten mit 10 Jahren zu zwei Dritteln schwere Lern- und Verhaltensstörungen und waren bis 18 Jahre ebenfalls zu zwei Dritteln straffällig (vorrangig Jungen) bzw. psychisch auffällig (vorrangig Mädchen) geworden. Ein Drittel der Risiko-Kinder entwickelten sich jedoch „normal“ – sie wurden als unverwundbar bezeichnet.
Prof. Grulke ging auf wichtige Faktoren der Resilienz ein:
Realistischer Optimismus: Eine Analyse der Situation wie sie ist, ein Realist macht sie nicht schöner, er macht sie nicht schlechter, er analysiert sie eben. Dem Optimisten gelingt es, sich auf das Gute zu fokussieren. Der realistische Optimismus ist eine Haltung, eine Kombination aus klarer Analyse der Situation und sich dann die Fokussierung auf das Positive. Das macht ihn resilienter, er kann Herausforderungen besser begegnen.
Mit einer Grundeinstellung „ich krieg das eh nicht hin“ ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass man es tatsächlich nicht schafft.
Selbstwirksamkeit: Eine Umschreibung dafür, dass man etwas hinbekommt, dass man etwas kann, etwas fertigbekommt. Wir brauchen das Gefühl, nützlich zu sein, insbesondere nützlich für andere. Für Menschen oder für eine Sache. Das Gefühl, für nichts nütze zu sein macht krank. Selbstwirksamkeit beruht stark auf frühen Erfahrungen. Bekommt man als Kind oft gesagt „du kriegst das eh nicht hin oder tu taugst zu nichts“, verinnerlicht man das und man kommt irgendwann zur Überzeugung ich krieg wirklich nichts hin.
Empathie: Die Fähigkeit, sich in andere Menschen einzufühlen, dessen Gefühle oder Gedanken, dessen Ideen, dessen Persönlichkeitsmerkmale beim Gegenüber zu spüren. Empathie ist durch Training verfeinerbar aber auch abtrainierbar!
Zielorientierung: Ziele definieren, für einen Zustand, der in der Zukunft liegt – Zielorientierung beschreibt den Weg dahin. Ich habe eine Zielorientierung, wenn ich mein Leben diesem Ziel unterordne. Wer das kann, ist durchschnittlich gesehen im Berufsleben erfolgreicher.
Soziale Anerkennung: Jeder Mensch will soziale Anerkennung, wird einer Person die soziale Anerkennung verweigert ist das eine Demütigung und wirkt wie körperlicher Schmerz. Wir brauchen sie!
Kontrolle und Reaktanz: Die Bestrebung, Kontrolle über unser Leben zu haben. Wir wollen nicht, dass andere uns in unserer Entfaltung einschränken. NEIN-Sagen oder auch bockig sein ist wichtig.
Risikoerfahrung: Der Mensch braucht Risikoerfahrungen und ein Risikoverhalten für eine gesunde Entwicklung. Grenzerfahrungen können einen dazu bringen, dass man gemachte Fehler versucht zu korrigieren. Langfristig können Schicksalsschläge die Resilienz stärken. Man muss sie bewältigen und positive Bewältigungserfahren daraus ziehen.
Resilienz ist eine Wechselbeziehung der Person mit der Umwelt.
Nach dem Vortrag von Prof. Grulke gab uns Sabine Fröchte-Mink Impulse zum Thema Achtsamkeit.
Achtsamkeit kann man trainieren, schauen, was begegnet mir Schönes, und was mache ich mit dem, was nicht so schön ist.
Der Atem ist ganz wichtig, atme ich überhaupt? Der Spruch „atme erst mal durch“ hat seine Bedeutung. Man kommt zur Ruhe und entspannt sich.
Frau Fröchte-Mink hatte eine einprägsame Geschichte vom Weißen Tütchen dabei, die Sie in unserem Ratgeber Schlaganfall nachlesen können – vergleichbar mit dem grünen und dem roten smiley-Tütchen, dass jeder Besucher bekommen hat – versuchen Sie einfach das grüne smiley-Tütchen als Zeichen vieler schöner Erlebnisse, schöner Momente voll zu bekommen.
Aktiv dabei waren alle, als es um eine Achtsamkeitsübung ging: „Bequem sitzen, es sich gemütlich machen, sich anlehnen, die Füße auf den Boden stellen und das Becken bewegen. Irgendwann merken Sie, dass Sie sich wohlfühlen. Die Hände auf die Oberschenkel legen, die Handflächen nach oben und diesen Moment eine Weile wirken lassen. Tief einatmen kurz anhalten und dann ein bisschen länger aus. Der Rhythmus sollte wohltuend sein.
Sich selbst auf die Schultern klopfen – rechte Hand auf die linke Schulter, linke Hand auf die rechte Schulter und sich so ein klein wenig feiern – so wie ich bin, bin ich o.k.“