Statt einem Vortrag, der im Moment aufgrund der Situation nicht möglich ist, sprachen wir mit Frau Dr. Lioba Kühne, Fachärztin für Allgemeinmedizin und Akupunktur in Furtwangen über Tipps und Ratschläge, damit wir die Natur und auch die Vorzüge von Herbst und Winter möglichst alle genießen können.
Was können wir prophylaktisch gegen den Herbst- und Winterblues tun?
Gerade in den Wintermonaten, in denen es viele Infekterkrankungen gibt, sollten die Menschen raus an die frische Luft, möglichst mindestens eine halbe Stunde – das ist nicht nur gut für Herz- Kreislauferkrankte, sondern auch für die Immunabwehr. Es gibt ja auch kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.
Wer aufgrund seiner Erkrankung nicht hinaus kann, sollte das Zimmer, in dem man sich normalerweise aufhält, stoßgelüftet werden, damit die Keime hinauskönnen und frische Luft durchs Fenster kommt. Übrigens: Eine halbe Stunde Mittagsschlaf wirkt sich günstig auf des Immunsystem aus, aber das soll niemand davon abhalten, täglich auch eine halbe Stunde an der frischen Luft unterwegs zu sein. Ideal ist natürlich auch noch ein Spaziergang vor dem Schlafengehen als bewussten Schnitt zwischen Alltag und Schlafengehen. Das ist eine gute Unterstützung gegen Schlafprobleme.
Welche Impfungen sind für die Jahreszeit wichtig?
Impfungen halte ich für etwas sehr Wichtiges. Präventiv ist eine Grippeschutzimpfung ideal – möglichst frühzeitig im Herbst, am besten jetzt, denn der neue Impfstoff steht bereit. Leute, die über 60 sind sollten generell diese Impfung wahrnehmen, da sie oft mehrere Erkrankungen haben und zusätzlich die Immunabwehr im Alter zudem noch nachlässt. Da die Hauptinfektionszeiten vorwiegend zwischen November und April liegen, ist die Grippeschutzimpfung eine der wichtigen Präventionsmaßnahmen. Eine weitere extrem wichtige Impfung ist die gegen Pneumokokken, die die häufigsten Erreger der Lungenentzündung sind. Auch Kinder sollten vorbeugend dagegen geimpft werden, zumal diese Impfung gut verträglich und im Zusammenhang mit Corona doppelt wichtig ist. Allerdings ist im Moment dieser Impfstoff nicht vorrätig. Hoffen wir, das dieser Engpass schnell behoben wird. Patienten mit Begleiterkrankungen sollten sich aber schon mal auf die Warteliste setzen lassen, damit sie bei Verfügbarkeit mit dabei sind. Gut zu wissen ist, dass die Pneumokokkenimpfung dann für 5 Jahre hält. Wichtig ist bei Impfungen – besonders bei der Grippeschutzimpfung, dass man diese ganzjährig bekommen kann, da die Impfstoffe immer weiterentwickelt werden. Allerdings ist es so, dass im Herbst die neu zusammengesetzten Impfstoffe herauskommen, die von der WHO und vom Robert-Koch-Institut empfohlen werden.
„Auch bei Erkältungskrankheiten ist das Maskentragen eine gute Präventionsmaßnahme“
Können bestimmte Verhaltensregeln einer Grippe vorbeugen?
Maskenpflicht war in der Vergangenheit bei uns kein Thema, aber in China war es schon vor Jahren so, dass jeder, der erkältet war, freiwillig eine Maske getragen hat. Ich denke, dass das bei uns jetzt auch Einzug halten wird. Nicht nur für Corona, sondern auch bei Erkältungskrankheiten halte ich das Maskentragen für eine gute Präventionsmaßnahme.
Aber um nicht krank zu werden, gilt auch hier: Jeden Tag an die frische Luft. Dann spielt natürlich die Ernährung eine wichtige Rolle. Im Vordergrund sollte eine vitaminreiche Kost stehen, dazu gehören täglich 200 Milliliter Obstsaft oder besser frische Früchte, mediterrane Kost mit Gemüse, Oliven und viel Fisch, der reich an Vitamin D ist, da dieses Vitamin eine Immunabwehr steigernde Funktion hat.
Ausreichend Schlaf gehört ebenfalls zur Vorbeugung, wobei es keine vorgeschriebene Regel für die Schlafdauer gibt, sie sollte so zwischen fünf und acht Stunden liegen. Bei dauerhaft zu wenig Schlag gibt es Probleme mit der Immunabwehr.
Negativen Stress – auch den in der Freizeit – sollte man ebenfalls vermeiden, er ist einer der wichtigsten Faktoren der Immunschwäche. Die Psyche ist dabei ein ganz entscheidender Punkt, deshalb sollte man es sich einfach auch mal gut gehen lassen, beispielsweise mit einem Wannenbad oder einem Saunagang, mit Musik hören, ein schönes Buch lesen oder einen Tee trinken, einfach Achtsamkeitsübungen für das eigene Empfinden nicht vergessen.
„Das Rädchen an der Krankheit ist die Psyche, deshalb sollte man immer auch an Wellnessangebote für sich denken“
Apropos Tee: Ist das ein ideales Getränk?
Ja, auch wenn es Menschen gibt, die keinen Tee mögen. Tee, ob Kamille, Pfefferminz oder Ingwer ist immer gut. Tee hat eine hohe harntreibende Wirkung, was wiederum heißt, Keime werden aus dem Körper getrieben. Nicht nur bei Krankheit wirken die Kräuter, sondern auch präventiv zur Stärkung der Immunabwehr. Und es kann auch gerade in den Wintermonaten zu einem Gemütlichkeitseffekt führen. Das Rädchen an der Krankheit ist die Psyche, deshalb sollte man immer auch an Wellnessangebote für sich denken, damit es einem gut geht.
Sind Heilkräuter oder auch Hausmittel hilfreich?
Gerade bei Schnupfen ist man ja noch nicht krank, da kann man gut mit Hausmitteln eingreifen. Inhalationen mit Salzwasser oder Heilkräutern wie Kamille oder Spitzwegerich können ebenso helfen wie Tees mit Ingwer oder Thymian.
Geben Nahrungsergänzungsmittel einen Sinn?
Grundsätzlich halte ich Nahrungsergänzungsmittel für nicht notwendig, wobei es ein großes ABER gibt. Wenn ein Mensch keine Allergien gegen Obst oder Früchte hat und sich so Querbeet ausreichend gut ernähren kann – die Natur hat das nicht umsonst gemacht –, dann behaupte ich, dass man wenig Nährstoffmangel hat. Wenn aber jemand häufig erkrankt, Immunabwehrschwächen zeigt, lange Zeit krank war oder bestimmte Nahrungsmittel nicht verträgt, dann kann es zur Abwehr von Mangelerscheinungen notwendig sein, bestimmte Dinge zusätzlich einzunehmen. Anders verhält es sich natürlich auch bei chronischen entzündliche Erkrankungen, da können beispielsweise Folsäure oder Vitamin B12 notwendig sein. Hier wird der Hausarzt immer die entsprechende Empfehlung aussprechen.
„Infektiöse Patienten, selbst Grippekranke, sollten immer als letzte in die Praxis kommen, damit eine Ansteckungsgefahr vermieden wird“
Wie erkennt man, dass bemerkte Symptome auf eine Grippe oder Corona deuten?
Die Grippe verläuft oft sehr heftig, manchmal überfallartig mit plötzlichem Beginn. Starke Gliederschmerzen, Kopfschmerzen, Halsschmerzen und trockener Husten oft wie bei Corona. Die Abgrenzung ist für den Laien gar nicht so einfach. Bei Corona kann man relativ gut nachverfolgen, wo es begonnen hat, aber die Auswirkungen sind natürlich sehr unterschiedlich.
Eine Influenza (Grippe) zeigt zwar ein ähnliches Bild, auch hier gibt es Todesopfer, vorwiegend unter Älteren, aber die Geschwindigkeit der Verbreitung von Corona ist eine ganz andere. Zudem kann Corona Auswirkungen auf multiple Organe haben, wobei das auch für jüngere Menschen gilt. Gut ist, dass wir für die Influenza Impfstoffe haben – wie es bei Corona ist, wissen wir heute noch nicht. Das unterstreicht nochmals die Gefährlichkeit dieser Krankheit. Aber ich denke, mit Rücksichtnahme – Maskentragen, Abstand halten, Husten oder Niesen in die Armbeuge, häufiges Händewaschen – kann man viel erreichen, wobei die Eigenverantwortung eine große Rolle spielt.
Muss ich Angst vor einer Corona-Ansteckung beim Besuch einer Arztpraxis haben?
Natürlich ist man nie gefeit, sich irgendwo anzustecken, aber in den Praxen wird überall darauf hingewiesen, dass man sich per Telefon bei bestimmten Symptomen für einen Test anmelden sollte. Infektiöse Patienten, selbst Grippekranke, sollten immer als letzte in die Praxis kommen, damit eine Ansteckungsgefahr vermieden wird. Und dann wird fleißig gelüftet, um Keime aus dem Zimmer zu befördern. Wo aber für uns erkennbar ist, dass ein Patient Corona haben könnte, dann wird dieser Patient direkt in die Corona-Schwerpunktpraxis verwiesen, wobei die Anmeldung dort durch die Hausarztpraxis erfolgt.
„Dass die Leute helle Kleidung tragen, halte ich für sehr wichtig – es gilt sehen und gesehen werden“
Welche Hilfsmittel sollte man nutzen, damit besonders in der Dämmerung und bei Dunkelheit möglichst nichts passiert?
Also, dass die Leute helle Kleidung tragen, die insbesondere im Straßenverkehr auffällt, halte ich für sehr wichtig. Reflektoren an Kleidung, Schuhen, am Rollator oder den Gehstöcken machen sichtbar – man hat ja gegenüber allen Verkehrsteilnehmern eine Verantwortung. Es gilt sehen und gesehen werden.
Für die Hilfsmittel Rollator und Gehstöcke gilt: eine gute Beratung hilft dabei, sich sicherer auf der Straße zu fühlen, ein zu niedrig eingestellter Rollator ist für die Wirbelsäule gar nicht gut. Und falsche Gehstöcke können Schulterschmerzen verursachen. Augen und Ohren sind extrem wichtig, um Sicherheit im Alter zu haben. Deswegen sollte man sich nicht scheuen, gerade auch den Mut zu haben, sich ein Hörgerät anzuschaffen, um weniger Gefahren im Straßenverkehr ausgesetzt zu sein.