Fachanwalt Gerhard Ruby von der Kanzlei für Erbrecht Villingen

Expertenvortrag im April 2023: Erben und Vererben ohne Streitpotential – Vortrag zu guter Vorsorge statt Nachsorge

Beratungsgespräche mit Mandanten zum Thema Erben und Vererben haben Gerhard Ruby einen unermesslichen Erfahrungsschatz in den vielen Jahren als Fachanwalt für Erbschaftsrecht gebracht.  Er weiß: „Ehe man erbt, ist man oft schon 65 Jahre oder älter. Und beim Erben braucht es klare Regeln. Lassen Sie die Finger weg von den do-it-your-self-Heften zum Erben – Sie würden sich ja auch nicht selbst den Blinddarm herausoperieren. Ist Ihr Testament falsch, bedeutet das, es geht um Ihr Bestes – da verdienen wir, die Anwälte. Wir verdienen Geld an schlecht gemachten Testamenten. Neben dem finanziellen Verlust – wir Anwälte wollen ja auch Geld – kommen dann noch die seelischen Belastungen hinzu.“

Erben und Vererben, ein komplexes Thema – gehen Sie in eine Beratung…

Seine dringende Aufforderung: „Gehen Sie in eine Beratung. Sie können ein Testament schreiben wie einen Brief. Aber lassen Sie sich das vom Erbrechtsanwalt oder einem Notar durchsehen“.

Der Vortrag von Gerhard Ruby war gespickt mit Beispielen aus dem Leben. Es geht natürlich in manchen Fällen auch ohne Probleme, aber oft sieht es ganz anders aus, vor allem wenn kein Testament vorliegt.

Nur acht Worte für die Absicherung des überlebenden Ehepartners…

Für viele geht es um die Absicherung des überlebenden Ehepartners. Hier reichen schon acht Worte in einem Nottestament aus: „Wir setzen uns gegenseitig zu alleinigen Erben ein“ – natürlich alles handschriftlich, dazu Ort, Datum und beide Unterschriften. So gehört alles im Todesfall dem überlebenden Partner. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass rein steuerlich gesehen, möglicherweise das Finanzamt einiges an Erbschaftssteuer einfordern kann.

Wie kann ich mit einem Testament meinen Nachlass steuern und was passiert, wenn ich kein Testament habe? Dann gilt das Gesetz, d.h. die gesetzliche Erbfolge. Sein erstes Beispiel: Fall A Ehepartner, 2 Kinder: Ehepartner erbt 50%, die Kinder je 25%.

Gerhard Ruby mit vollem Einsatz

Aber auch dann kann es Probleme geben. Gerhard Ruby: „Hat ein Kind Schulden beim Finanzamt, wird das Erbteil gepfändet. Gibt es eine Immobilie, muss die versteigert werden. Und damit kann es für den überlebenden Ehepartner zu einem großen Problem werden, weil er sich eine neue Bleibe suchen muss“.

Das Pflichtteilrecht spielt eine große Rolle in vielen Erbrechtsfällen. Anspruch darauf haben nur der Ehepartner und die Kinder (unter Umständen auch die Eltern des Erblassers) – in diesem Fall aber nur jeweils auf die Hälfte des Erbes. Sogar das Finanzamt hat keinen Anspruch, solange das „böse Kind“ das Pflichtteil nicht einklagt. Jetzt haben wir eine Erbengemeinschaft, wo es lange dauern kann, bis man auf das Erbe zurückgreifen kann, oftmals nur über den Umweg einer Versteigerung.

Gerhard Ruby: Heiraten Sie…

Gerhard Ruby plädierte mehrfach: „Ihr müsst heiraten“. Grund für diese Feststellung ist die Erbschaftssteuer. Lebenspartner haben lediglich 20.000 € Steuerfreibetrag, Ehepartner dagegen 500.000 € – das kann ganz schön teuer werden.

Im Mittelalter wurde unter dem Einfluss der Kirche ein Großteil des Erbes der Kirche zugesprochen – das Testament war geboren. Das Wichtigste eines Testaments ist die Handschriftlichkeit und der Satz „Ich setze zu meinen Erben ein: …“ Das Nachlassgericht interessiert sich nur dafür, wer erbt und zu welchen Anteilen. Nur so kann man den Erbschein bekommen. Ganz wichtig, weil man sonst Probleme mit der Finanzierung der Beerdigung bekommen kann oder auch dann, wenn ein Grundstück verkauft werden muss.

Schwierig wird es, wenn man mehrere Immobilien auf mehrere Kinder verteilen will. Da kann es ganz schnell zu Erbschaftsstreitereien kommen, wenn sich eines der Kinder aufgrund unterschiedlicher Bewertungen benachteiligt fühlt. Gutachten und Gegengutachten kosten viel Geld und viel Zeit. Im Testament sollte in dem Fall stehen, wer zu welchen Teilen (Teilungsanordnung) erbt und nicht was wer erbt. So gibt es auch keine Probleme, wenn Schulden vererbt werden.

Das Pflichtteil kann man nicht umgehen…

Das Berliner Testament: Es gilt wieder der Satz mit den acht Wörtern und dann vielleicht auch: „Untersteht Euch, das Pflichtteil geltend zu machen“. Denn das könnte bedeuten, dass der überlebende Ehegatte die selbst bewohnte Immobilie verkaufen muss. Aber auch, dass der, der auf dem Pflichtteil besteht, nur die Hälfte des gesetzlichen Erbes bekommt. Das Berliner Testament ist wie ein Vertrag und kann nicht allein abgeändert werden, nur gemeinsam.

Was ist, wenn der Überlebende irgendwann zum Pflegefall wird und die Pflegekraft wird einem immer sympathischer? Hier hilft das Berliner Testament gegen Erbschleicherei. Eine Abänderungsklausel kann aber ermöglichen, dass man in gewissen Teilen das Erbe ändern darf.

Nachteil beim Berliner Testament: Der Steuerfreibetrag beim Tod des ersten Elternteiles geht verloren.

Gerhard Ruby: „Die Möglichkeiten beim Pflichtteil bergen auch Risiken. Eine Schenkung kann für das „böse Kind“ eine deutliche Reduzierung des Pflichtteilanteils sein. Ein Niesbrauch ist Schenken, aber man kann die Immobilie nicht verkaufen. Mietwohnungsrecht ist eine andere Variante – nur kann der Eigentümer auch dort wohnen – will man das?“

Um Erbschaftssteuer zu sparen, da braucht es Hilfe…

Ein wichtiger Punkt beim Erben betrifft die Erbschaftssteuer – welche Möglichkeiten gibt es, um so wenig wie möglich an das Finanzamt abgeben zu müssen? Ein selbst bewohntes Familienheim bekommen sie steuerfrei – allerdings unter der Bedingung, dass Sie 10 Jahre drin wohnen bleiben. Sterben dürfen Sie, aber wenn Sie nach ein paar Jahren das Bedürfnis haben umzuziehen, müssen Sie Steuern zahlen.

Was passiert, wenn der zweite Partner stibt? Dann erben Kinder bis zu 400.000 € steuerfrei, Enkelkinder 200.000 €, für Eltern 100.000 € – ja und die anderen, auch entfernte Verwandte nur bis zu 20.000 €. Und mogeln gilt nicht.

Abschließend gab Gerhard Ruby noch den Tipp, eine Vorsorgevollmacht nicht außer Acht zu lassen – für nur 10 € kann man diese bei der Betreuungsbehörde im Landratsamt beglaubigen lassen.