Claudia Zetzsche-Brunkel, Leitung Physiotherapie & Rehabilitation im Schwarzwald-Baar Klinikum (Bild: Schwarzwald-Baar Klinikum)

Expertenvortrag im Dezember: Therapie kann nur im Team gelingen

Nicht nur nach einem Schlaganfall benötigen Betroffene schnelle Unterstützung mit Physio- und Ergotherapie. Aber was unterscheidet beides? Claudia Zetzsche-Brunkel, Leiterin der Physiotherapie und Rehabilitation im Schwarzwald-Baar Klinikum, brachte es in ihrem Vortrag auf den Punkt: „Physiotherapeuten bringen dir bei, wieder rennen zu können und die Ergotherapeuten sorgen dafür, dass du dabei eine Hose trägst.“ Was salopp klingt erklärt verständlich, wie entscheidend ein enges Miteinander beider Therapien ist.

Das war schon mal die erste Übung: einfach Umdrehen!

Für die Expertin ist aber auch wichtig, „dass wir Patienten, die ausschließlich Massagen für ihr einziges Allheilmittel halten, diesen Zahn ziehen müssen, vom Patienten wird viel Aktivität gefordert.“

Time is Brain

Es gilt: Time is Brain – Zeit ist Gehirn! Kein Schlaganfall ist wie der andere, das bedeutet natürlich auch, dass die Therapeuten unterschiedliche Herangehensweisen an die Rehabilitation der Patienten haben. Auswirkungen können links- oder rechtsseitig sein, bei dem einen ist es der Arm, beim anderen das Bein oder auch beides. Ausgeprägt sind oft halbseitige Lähmungserscheinungen.

Die Therapeuten haben es manchmal mit einer Pushersymptomatik zu tun – pushen bedeutet drücken – der Patient drückt sich auf eine Seite – meist ist es die betroffene Seite und es kommt so zu einer schiefen Körperhaltung, die der Therapeut unbedingt beseitigen will und muss. Gleichgewichtsprobleme – auch Ataxie genannt – sind ebenfalls Symptome, die mit therapeutischer Unterstützung beseitigt werden können. Gesichtsfeldeinschränkungen, Doppelbilder, Sprachstörungen bis hin zur Aphasie, Taubheit, Schluckstörungen und Spastiken gehören zum Betätigungsfeld der Therapeuten in der Akutklinik.

Sensorik und Motorik gehören eng zueinander

Sensorik und Motorik gehören immer zusammen, man spürt beim Greifen eines Bechers ob er leer oder gefüllt ist und entsprechend greift man fester oder weniger fest zu. Ist aber die Sensorik gestört, könnte der Becher herunterfallen. Die Sensorik muss dann einfach trainiert werden, damit dieser „Lerneffekt“ wieder funktioniert, die Motorik gesteigert wird. Therapeuten wollen, dass die Aktivitäten zurückkommen.

Manchmal muss man wieder lernen, fester zuzugreifen, weil der Becher voll ist

Neclegt – die Vernachlässigung eine Seite des Patienten – bedeutet, dass man als Patient von dieser Seite nichts hört und nichts mitbekommt, der Patient muss unbedingt diese vernachlässigte Seite trainieren, um seine Mobilität zurück zu erlangen

Neglect – eine Körperseite wird nicht mehr wahrgenommen

Claudia Zetzsche-Brunkel: „Use it or loose it – Benutz es oder es ist weg. Das trifft auch auf das Gehirn zu, für das Denken und die Motorik. Einzig aktiv sein, hilft, auch learning bei doing. Von der „Werkseinstellung“, die nach einem Schlaganfall sein kann braucht es einen Neustart, das Gehirn ist in der Lage, zu lernen. Die Therapeuten sind in der Akutklinik diejenigen, die in der kurzen Zeit im Team mit dem Patienten so vieles erreichen können aber man kann auch später weiterlernen. Sensorik, Motorik, Sprache – alles ist erlernbar, verbesserbar.

Schnelle Unterstützung durch Therapeuten ist wichtig, aber die Mithilfe des Patienten bringt erst den Erfolg

Hauptaugenmerk unserer Therapeuten sind die Wiedererlangung der Aktivitäten des täglichen Lebens, auch ADL (Activities of dayly life) genannt.

Ihre Forderung: „Bleiben Sie therapietreu, bleiben Sie dran und ihr Tipp: Schlaganfallpatienten können langfristig Physio-, Ergotherapie und Logopädie verschrieben bekommen, für Sie heißt das üben, üben, üben. Hauptaugenmerk unserer Therapeuten sind die Wiedererlangung der Aktivitäten des täglichen Lebens, auch ADL (Activities of dayly life) genannt.Ihre Forderung: „Bleiben Sie therapietreu, bleiben Sie dran und ihr Tipp: Schlaganfallpatienten können langfristig Physio-, Ergotherapie und Logopädie verschrieben bekommen, für Sie heißt das üben, üben, üben.

Physiotherapeuten aus dem Schwarzwald-Baar Klinikum, die am Ende des Vortrages für Fragen und Hilfestellung an verschiedenen Geräten zur Verfügung standen

Was ist eigentlich die Aufgabe der Ergotherapie? Ergotherapie unterstützt und begleitet Menschen jeden Alters, die in Ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkungen bedroht sind. Ziel ist, Patienten eine bessere Bewältigung von Alltagstätigkeiten zu ermöglichen, sie sollen eine größere Selbständigkeit erlangen:

„Unsere“ Ergotherapeuten bei ihrem Vortrag

Toilettengang, Waschen, Essen, Trinken, Umsetzen, aber auch verwirklichen von Hobbies, Mithilfe im Haushalt und Wiedereingliederung im Beruf werden mit Hilfe von Ergotherapeuten unterstützt. Die Aufgaben unterteilen sich in motorisches Training wie Umsetzen, Standsicherheit und feinmotorische Training um Zahnpastatuben zu öffnen, die Förderung der Sensibilität, kognitives Training für Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Orientierung, Wahrnehmungstraining zur Verbesserung bei Einschränkungen des Gesichtsfeldes. Alle Aufgaben zielen darauf die Aktivitäten des täglichen Lebens besser bewältigen zu können. Angehörige sollten unterstützen aber nicht alles abnehmen, sonst gehen wiedererlangte Fähigkeiten verloren. Ideal ist es, den Patienten in Abläufe einzubeziehen. Der Alltag ist die beste Therapie.