Prof. Dr. Bernhard Kumle, Direktor der Klinik für Akut- und Notfallmedizin im Schwarzwald-Baar Klinikum / Bild SBK

Expertenvortrag im September 2022 Unser Thema: Hinter den Kulissen der Notaufnahme

Ob Patienten mit Schlaganfall oder Herzinfarkt, Schwerverletzte oder anders akut Erkrankte – für deren Lebensrettung zählt jede Minute. Auf Einladung der Initiative Schlaganfall gab Prof. Dr. Bernhard Kumle, Direktor der Akut- und Notfallklinik im Schwarzwald-Baar Klinikum Einblicke in den Ablauf der Notaufnahme.

Prof. Dr. Kumle stellt sich vor…

Eine Zahl ließ aufhorchen: Von anfangs 30.000 sind es mittlerweile 50.000 Patienten im Jahr geworden. Der Grund ist für Prof. Kumle ein neues Anspruchsdenken. „Natürlich kann eine Selbsteinschätzung schwierig sein, aber das Gefühl wann habe ich wirklich Not oder geht es auch anders, hat sich verändert! Erkennbar ist, dass die heutige jüngere Generation viel schneller in die Notfallaufnahme kommt und Hilfe haben will, die Patienten werden immer jünger: 23% sind bis 18 Jahre, 36% bis 45 Jahre alt. Die Frage muss man sich stellen: Wie viele lebensbedrohliche Erkrankungen gibt es im Alter bis zu 45 Jahren, gibt es da vielleicht doch eine Fehlinanspruchnahme?

Ein Notfall ist eingetreten, was tun? Hausarzt, die 116 117 anrufen, in die Notdienstpraxis, in die Notaufnahme des Krankenhauses oder die 112 anrufen?

Welche Möglichkeiten habe ich im Notfall? Prof. Kumle: „Der erste Ansprechpartner ist in der Regel der Hausarzt. Und dann gibt es die kassenärztliche Notfallpraxis, die in der Klinikstraße 3 in Villingen-Schwenningen untergebracht ist. Bei einer akuten Erkrankung oder außerhalb der Notfallpraxiszeiten gibt es die 116 117 (kurz: die Elfen, die helfen). Ist man aber gefühlt schwer krank, ruft man die 112 an, man wird dann mit der Rettungsleitstelle verbunden. Hier erfolgen Abfragen und dort versucht man einzuordnen, ob man einen Rettungswagen schickt, einen Notarzt oder man kommt in die Notaufnahme“.

Die steigenden Patientenzahlen sprechen für sich... Eine Patientenversorgung ohne die Akut- und Notfallaufnahme ist undenkbar

Bei typischen Symptomen wie Druck oder Schmerzen auf Brust, im Rücken Hals oder linken Arm, Lähmungen oder Gefühlsstörungen an den Armen, Beinen oder Sehverlust, Atemnot, Bewusstseinsverlust, Beeinträchtigung des Bewusstseins, schweren Verletzung oder schweren Blutungen aus dem Magen-Darm-Bereich ist die 112 genau richtig.

Prof. Kumle: „Woran liegt es aber, dass Wartezeiten manchmal länger sind? Gibt es mehr „kränkere Menschen“, sodass es mehr Rettungs- oder Notarztdienstzuweisungen gibt? Nein! Wir haben klar mehr Patienten, das liegt aber teilweise in einer Fehlinanspruchnahme, die einfach von den Menschen gefordert wird.

Die Ursachen für immer mehr Notfallpatienten sind vielfältig, durch den Hausärztemangel wird es zukünftig nicht besser…

Und was sind die Ursachen für immer mehr Notfallpatienten? Es gilt natürlich, dass es im Krankenhaus eine bessere medizinische Versorgung gibt, keine Termine nötig sind und sich mittlerweile eine 24-Stunden-Mentalität herausgebildet hat, aber der Mangel Nr. 1 ist Ärztemangel bei den Hausärzten – mehr als 80% der Hausärzte in BW sind älter als 50! Das entwickelt sich zur Katastrophe. Infolge des Mangels „draußen“ gehen die Menschen in die Notaufnahme.

Prof. Dr. Kumle hat mit seinem Team einen Flyer entwickelt, der alle wichtigen Informationen für einen Notfall-Patienten enthält

Mehr Informationen zum Vortrag finden Sie in unserem Ratgeber unter Notfallversorgung im Schwarzwald-Baar-Kreis